Eine Zeichnung wie ein Zimmerer auf einem mit Holzelementen beladenen LKW steht. Es ist angedeutet, wie er abstürzen könnte.
Bild 1: Ein Absturz von der Ladung aus 4 m Höhe hat schlimme Folgen. Die Leiter ist ungesichert. Das Betreten der auskragenden Beplankung ist riskant. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH)

Technik 22. February 2023 Auf dem Bauwerk alles sicher! Aber auf der Ladung?

Die Baustelle selbst ist in den letzten Jahren immer sicherer geworden. Aber daneben gibt es einen Arbeitsplatz, dessen Risiken von vielen Zimmerleuten gar nicht recht wahrgenommen werden. Wie in den vorhergehenden Teilen der Reihe werden die Maßnahmen gegen das Absturzrisiko mit zunehmender Wirksamkeit vorgestellt: Das Beste zum Schluss!

Ein Zimmerer steigt von der Leiter auf den mit Holzelementen beladenen LKW.
Bild 2: Die sich ändernde Ladung macht die Sicherung der Leiter nicht gerade einfach. Insbesondere der Überstieg auf die Ladung ist riskant. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH)

Auch bei diesem Thema werden viele Kolleginnen und Kollegen einwenden, dass in ihrem Betrieb noch kein Unfall an diesem Arbeitsplatz passiert sei. Das ist gut, aber keine Lösung des Problems, dass Absturzunfälle einen großen Teil der Kosten in der Unfallversicherung verursachen. Ein ungesicherter Arbeitsplatz in 4 m Höhe stellt ein großes Risiko dar. Nach einem Absturz aus dieser Höhe drohen gravierende Verletzungsfolgen - von wochenlanger Arbeitsunfähigkeit bis zum Tod. Auch wenn es zehn Jahre gut gegangen ist, kann morgen ein dummes Missgeschick passieren: Stolpern, Ausrutschen, Unachtsamkeit beim Überstieg auf die Leiter, Abrutschen von der Leiter. Anders als beim Heben von Wänden müssen Decken- oder Dachelemente bei jedem Hebevorgang verlassen werden. Das führt zu Ermüdung und Unachtsamkeit. Auch gesichert kann man sich verletzen, aber nicht so schwer wie beim ungesicherten Sturz. Selbst wenn bei Vorgesetzten und Beschäftigten die Einsicht in die Problematik fehlen sollte, müssen sie damit rechnen, dass Aufsichtspersonen den ungesicherten Aufenthalt auf der Ladung untersagen. Es lohnt sich in jedem Fall, diesen Arbeitsplatz sicherer zu machen.

Schon kleine Änderungen helfen

Bild 1 zeigt den ungesicherten Arbeitsplatz auf einer Ladung Deckenelemente in fast 4 m Höhe. Die Leiter ist nicht gegen Wegrutschen gesichert. Das Übersteigen auf das Element ist wahrscheinlich der Moment mit dem größten Absturzrisiko. Die linken Randbalken sind mittig zum Plattenrand positioniert. Am rechten Elementrand gibt es, außer beim obersten Element, keinen Randbalken. Der freie Plattenrand legt sich später auf den linken Randbalken des zuvor verlegten Elements. Damit die Ladung für den Transport verzurrt werden kann, wurden im Auflagerbereich des Anhängers provisorisch Klötze angeschraubt. Beim Betreten der nicht unterstützten Elementecken würde sich die Beplankung dort verformen oder sogar abbrechen. Es käme zum Absturz. In Bild 2 wurde diese Gefahr entschärft, indem auch an den Ecken Klötze zur Unterstützung angeschraubt wurden. Außerdem wurde die Leiter gegen Umstürzen gesichert. Diese Sicherung ist allerdings nicht optimal, weil die Spanngurte an den Rungen verrutschen können. Nach jedem Wegheben eines Elements lockern sie sich und müssen nachgespannt werden. Die linke Lupe zeigt die Sicherung an einer Anschlageinrichtung für die Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA). Sie müsste aber vor jedem Hebevorgang wieder gelöst werden und ist damit zu umständlich. Die rechte Lupe zeigt die Sicherung an den Zurr-Ösen längerer Rungen. Diese Sicherung ist aber nur bei den obersten Elementen sinnvoll. Danach würde sie zur Stolperfalle. Alle diese Vorschläge sind unbefriedigend.

Zimmerer steht auf Ladung des Lkws und ist mit einem Höhensicherungsgerät gesichert.
Bild 3: Als Rückhaltesystem bietet das Höhensicherungsgerät (HSG) mehr Sicherheit, kann einen Absturz hier aber nur auf der Rückseite verhindern! (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH mit Unterstützung durch Firma ST-Quadrat)

Hauptsache angegurtet?

Bild 3 zeigt das Annehmen des am Kran einschwebenden Seitenschutzes. Dieser wird auf das Element geschraubt und sichert später die Absturzkante am Elementrand im Gebäude. Die Person auf der Ladung sichert sich mit einem Höhensicherungsgerät (HSG) an einer auf das Element geschraubten Anschlageinrichtung. HSGs gewähren dank ihres Aufrollmechanismus große Bewegungsfreiheit. Wenn sie als Rückhaltesystem verwendet werden, bieten sie ein hohes Schutz­niveau. Die gesicherte Person kann sich der Absturzkante nur nähern, aber nicht über sie abstürzen. In Bild 3 ist das auf der Aufstiegsseite nicht der Fall. Dort kann das HSG einen Absturz nicht verhindern, nur abbremsen. Das ist immer noch besser, als aus 4 m Höhe auf dem Boden aufzuschlagen. Wenn das HSG wie in Bild 3 auf der Standfläche angeschlagen ist, liegt Sturzfaktor 2 vor. Die Falltiefe bis zum Abbremsen ist dann recht groß. Ein weiterer Nachteil der gezeigten Sicherungsmethode ist, dass die äußeren Füße des Seitenschutzes mit dem kurzen HSG nicht erreichbar sind. Problematisch ist außerdem, dass im Falle eines Sturzes eine Fangstoßkraft von bis zu 6 kN auf das lose Element wirken könnte. Es würde wahrscheinlich etwas verrutschen. Genug Gründe, nach Alternativen zu suchen.

Zimmerer beginnt eine Leiter aufzusteigen, die nicht an der Lkw Ladung angestellt ist, sondern an einem speziellen Mast. Zimmerer ist mit Höhensicherungsgerät gesichert.
Bild 4: Die Leiter ist unabhängig von der Ladung gesichert. Sie steht günstiger für den Überstieg zur Ladung. Bereits der Aufstieg ist mit einem HSG gesichert. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH mit Unterstützung durch Firma Auwärter)

PSAgA-Mast

In Bild 4 ist der Prototyp eines Mastes zu sehen, der mit Kranunterstützung an der Außenrunge einer Wechselpritsche angebracht wird. Die Verbindung wird über einen Schnellverschluss hergestellt. Da das HSG über Kopf angebracht ist, liegt der günstigere Sturzfaktor 0 mit geringerer Falltiefe vor. Die Leiter ist unabhängig von der Ladung gesichert. Bereits beim Leiteraufstieg ist die Sicherung wirksam. Vor dem Aufrichten des Mastes wird der Karabiner am Verbindungsmittel des HSG ausgezogen und am unteren Mastende an einem Griff eingehängt. Allerdings nimmt auch so das Pendelsturzrisiko mit größer werdender Entfernung vom Mast zu.

Zimmerer steht auf LkW Ladung mit Holzbauelementen. Mit Hilfe eines Höhensicherungsgerätes ist er an einem Galgen gesichert, der auf dem Mast angebracht ist.
Bild 5: Wird das HSG an einen (oder zwei) drehbare Galgen angeschlagen, kann das Pendelsturzrisiko im größten Bereich deutlich minimiert werden. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH)

Pendelsturzrisiko minimieren

In Bild 5 ist das HSG an einen drehbaren Galgen angeschlagen. Am Untergurt ist eine Schiene befestigt, an der ein Läufer große Bewegungsfreiheit gewährt. Damit gibt es weder beim Leiteraufstieg, noch beim Aufenthalt im mittleren Bereich des Deckenelements ein Pendelsturzrisiko. Erst wenn sich die anschlagende Person außerhalb des Galgen-Schwenkbereichs bewegt, nimmt die Pendelsturzgefahr zu. Solche Galgen sind bereits seit vielen Jahren am Markt, im Zimmererhandwerk allerdings nur wenig bekannt. Es gibt Systeme, die am Anhänger angebracht werden können, und solche, die auf dem Boden aufgestellt werden. Letztere sind mit Streben an einen Träger angeschlossen, der mit den Rädern des Anhängers befahren und beschwert wird. Neu an der in Bild 5 gezeigten Idee ist, dass der Mast fest mit dem Anhänger verbunden werden kann. Das Anbringen am Hänger muss in zwei Schritten erfolgen. Zuerst wird der Mast per Kran in die Aufnahmerohre der Tiefladerungen eingeführt und mit Steckbolzen gesichert. Im zweiten Schritt wird der Galgen auf den Mast gehoben. Dazu wird ein Zapfen am Galgen in die Mastöffnung geführt. Wenn der Karabiner des HSG vorher am Boden in einen Griff am Mast eingehängt wurde, kann sich die anschlagende Person bereits beim ersten Leiteraufstieg sichern.

Auf den Ernstfall vorbereitet sein

Käme es bei den in den Bildern 3 bis 5 gezeigten Sicherungsmethoden zu einem Absturz, müssten zur Rettung der im Gurt hängenden Person zusätzliche Hilfsmittel geholt werden. Eine Rettungshubeinrichtung müsste oberhalb der Person angeschlagen werden. Damit wird sie so weit angehoben, bis die Fliehkraftbremse des HSG nicht mehr blockiert. Anschließend kann das Ablassen zum Boden erfolgen. Wenn PSAgA zum Einsatz kommen soll, muss es ein vor dem ersten Einsatz praktisch geübtes Rettungskonzept geben. Den Mitarbeitenden muss klar sein, dass die verunglückte Person vielleicht infolge des Anschlagens an die Ladung blutet oder Knochenbrüche hat. Sie könnte im Ernstfall vor Schmerzen schreien. Das erzeugt Stress bei den Rettenden. Wenn dann die Hilfsmittel zur Rettung erst noch gesucht werden müssen, steigt der Stresslevel noch mehr.

Zimmerer steht auf LkW Ladung mit Holzbauelementen. Er ist mit einem Höhensicherungsgerät gesichtet, die an einem zwischen Masten gespannten Lifeline-System angebracht ist.
Bild 6: Großer Vorteil dieses zwischen Masten gespannten Lifeline-Systems ist, dass eine abgestürzte Person ohne Hilfsmittel abgelassen werden kann. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH mit Unterstützung durch die Firmen Auwärter und Ikar)

Rettung inklusive

Das in Bild 6 gezeigte Lifeline-System HAL der Firma Ikar hat den großen Vorteil, dass keine weiteren Hilfsmittel für die Rettung benötigt werden. Lifeline-Systeme verschiedener Hersteller sind schon seit vielen Jahren im Einsatz. Sie werden auch von der BG Bau gefördert. Neu am vorgestellten System sind die Masten, die es in dieser Form noch nicht gibt. Mit Unterstützung des Anhängerherstellers Auwärter wurden die Masten so konstruiert, dass sie direkt an einer typischen Wechselpritsche mit Rechteckrohr, Steckbolzen und Containerverriegelung angebracht werden können. Beide Masten haben oben Bügel, mit denen sie an den Kran angeschlagen werden können. Das sollte mit einem langen Anschlagmittel geschehen, da die Anschlagpunkte nach dem Entladen nicht mehr zugänglich sind. Am hinteren Mast wird der Karabiner der Lifeline vor dem Anheben eingehängt. Der vordere Mast hat eine Umlenkrolle für das Lifeline-Seil. Sicherungsbügel verhindern das Abspringen von der Rolle. Unten am Mast ist die Spann- und Ablasseinrichtung der Lifeline angebracht. Damit wird die Lifeline auf eine Zugkraft von 1 kN vorgespannt. Nach einem Sturz kann die im Gurt hängende Person mit der integrierten Ablasseinrichtung einfach zu Boden gelassen werden. Die Rettenden müssen nicht erst die Ladung besteigen. Auch bei diesem System kann bereits der erste Leiteraufstieg gesichert erfolgen, wenn der Karabiner am ausziehbaren Verbindungsmittel des HSG vor dem Anheben des Mastes unten an der Pritsche oder am Mast eingehakt wird.

Zimmerer steht auf LkW Ladung mit Holzbauelementen. Er ist durch einen Personensicherungsmodus am Kran gesichert.
Bild 7: Wenn ein Kran mit Personensicherungsmodus der anschlagenden Person folgt, ist die Gefahr eines Pendelsturzes deutlich verringert. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH mit Unterstützung durch Firma Klaas)

Kran mit Personensicherungsmodus

Steht ein Kran mit Personensicherungsmodus zur Verfügung, kann dieser abwechselnd sowohl zum Lastentransport wie für die Personensicherung eingesetzt werden. Das HSG wird dafür doppelt an Kranhaken und Flasche angeschlagen. Es bleibt während der gesamten Montage neben den Anschlagmitteln am Haken hängen. Bild 7 zeigt den Einsatz eines zusätzlichen Krans nur für die Personensicherung. Obwohl bei dieser Sicherungsart viel Technik im Spiel ist, handelt es sich um eine PSAgA-Maßnahme, die – wie alle zuvor gezeigten Möglichkeiten – erst zum Einsatz kommen soll, wenn andere Sicherungsarten nicht möglich sind.

Seitlich von der Ladung stehen Gerüste auf denen Zimmerer stehen.
Bild 8: Von den klappbaren Gerüsten an den Außenrungen kann die Ladung gefahrlos angeschlagen oder der Seitenschutz sicher angeschraubt werden. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH mit Unterstützung durch Firma Auwärter)

Außenstege

Auwärter bietet mit dem von der BG Bau geförderten „H-Bock“ eine technische Maßnahme für das sichere Anschlagen von Wänden an. Bei großen, horizontal zu transportierenden Elementen muss der „H-Bock“ aber entfernt werden. Dafür entwickelt der Hersteller zurzeit klappbare Stege an den Außenrungen (Bild 8).

Seitenschutz

Die Bilder 9 bis 11 zeigen eine Seitenschutzlösung, die es noch nicht gibt. Auf den Außenrungen sitzen einzeln höhenverstellbare Hüllrohre. An jeweils einer Stütze sind die Holme gleitend befestigt. In Längsrichtung verhindern klappbare Absperrungen die Annäherung an die Absturzkanten. Nur der für das Anschlagen wichtige Bereich ist zugänglich. Vor dem Anheben des Elements muss die Ladung verlassen werden. Beim Anheben klappt die Absperrung hoch. Bei allen Bauteilen, die 4 m Höhe überschreiten, sollte im Lkw ein Warnhinweis angebracht sein: „Erst losfahren, wenn Höhe kontrolliert!“ Sonst war die Baustelle sicher, und ein total dämlicher Unfall passiert im Verkehr! Sicher ist sicher!

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Absturzpräventation auf der Ladung

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zuletzt editiert am 22.02.2023