Bauen im Bestand Vorgefertigte Fassadenelementen aus Holz bieten sich für eine Sanierung und Aufwertung von Bestandsgebäuden an. Punkten sie doch mit verschiedensten Vorteilen. Dabei können sie auf einer bestehenden Fassade aufbauen oder diese vollständig ersetzen.
Weg vom Neubau – hin zur Sanierung, so wird das Credo der Bauwirtschaft in den nächsten Jahren lauten. Neubauten verursachen große Treibhausgasemissionen und erfordern einen hohen Energieaufwand während des gesamten Herstellungsprozesses der Baustoffe und des Gebäudes. Der Materialmangel tut ein Übriges. Dagegen bietet es sich an, bestehende Gebäude aufzurüsten, damit möglichst wenig Energie während ihrer Nutzung verbraucht wird.
Eine wichtige Komponente im Sanierungskonzept ist es, die Wärmedämmung einer Gebäudehülle zu verbessern. Meist wird diese optimiert, indem auf einer bestehenden Außenwand ein zusätzlicher Schichtenaufbau angebracht wird, beispielsweise in Form eines Wärmedämmverbundsystems, als baustellenseitig hergestellte Vorhangfassade oder im Denkmalschutz auch gerne als Innendämmung.
Als weitere Möglichkeit, Außenwände wärmetechnisch zu optimieren, bieten sich vorgefertigte Holztafelelemente an. Diese können außen vor die Bestandswände gesetzt werden, oder, wenn die bestehenden Außenwände wie im Betonskelettbau keine tragende Funktion haben, die Fassade des Altbaus komplett ersetzen. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Aufgrund des hohen Vorfertigungsgrads verkürzt sich die Bauzeit vor Ort deutlich.
- Die Möglichkeiten der Fassadengestaltung sind vielfältiger als bei einer reinen Aufwertung des Wärmeschutzes.
- Die Elemente können sehr präzise vorgefertigt werden.
- Vorgefertigte Holztafelelemente sind verhältnismäßig leicht, die Lastabtragung überbeansprucht den Bestand im Allgemeinen nicht.
- Der Bauablauf kann vorab geplant und die einzelnen Schritte können aufeinander abgestimmt werden.
- Die Montage ist unabhängig von der Witterung.
- Regendichtheit wird schnell wieder hergestellt.
- Anschlüsse an Laibungen, Öffnungen, Durchdringungen und weitere Details können relativ unabhängig von der Bestandssituation optimiert werden.
- Wird die ursprüngliche Außenwand nicht zurückgebaut, ist eine Montage während der Nutzung des Gebäudes möglich.

Welche Einwirkungen sind zumutbar?
Vor Beginn jeglicher Planungen und Vorfertigungen muss der Bestand detailliert aufgenommen werden. Zum einen muss ein Ingenieurbüro ermitteln, inwieweit die Altbaukonstruktion in der Lage ist, die neuen Lasten abzutragen. Bei einer relativ hohen Tragfähigkeit der bestehenden Struktur können die Fassadenelemente beispielsweise ab- oder angehängt werden. Bei einem weniger belastbarem Bestand können die Elemente im Sockelbereich aufgestellt werden, sodass die Lasten direkt über die Fassadenelemente nach unten abgetragen werden. Wird die Bestandsfassade komplett entfernt, können die Fassadenelemente auch geschossweise auf den Decken in die Tragkonstruktion eingestellt werden statt davor. In die Berechnung der Art, der Bemessung und der Abstände der Verankerung, die ebenso von einem Ingenieurbüro durchgeführt wird, fließen der Zustand und die Konstruktion des Bestands als Verankerungsgrund, die Abmessungen und das Gewicht der Elemente und natürlich Einwirkungen aus Wind und ggf. Erdbeben mit ein.
Den Bestand genau erfassen
Die Maße der Baukörper müssen inklusive aller Öffnungen, Durchdringungen und Unebenheiten genaustens erfasst werden, um eine präzise Vorfertigung zu ermöglichen. Es ist sinnvoll, ein Vermessungsverfahren zu wählen, das digitale Daten liefert, mit denen für die Planungen weitergearbeitet werden kann. Dafür bietet sich vor allem das Laserscanning an. Der 3D-Scanner erzeugt eine Punktwolke für die Visualisierung; die Übereinstimmung zum Objekt ist sehr genau. Auch die Methode der Tachymetrie bietet eine hohe Genauigkeit. Allerdings müssen dafür Raumpunkte, beispielsweise an Gebäudeecken, festgelegt werden, die Zwischenpunkte werden dann durch Interpolation ermittelt. Das kann bei stark gegliederten Objekten problematisch werden. Zudem sollten die Methode der Fotogrammetrie, bei der die Maße durch die Vermessung in hochaufgelösten Fotos ermittelt werden, und auch das händische Aufmaß nicht unerwähnt bleiben.
Bürobau mit neuem Gewand
Da jede Sanierung individuell ist und sich an dem gegebenen Bestand orientieren muss, sind pauschale Lösungsvorschläge für die Ausführung nicht zielführend. Das Holzbauunternehmen Huber & Sohn GmbH & Co. KG aus dem bayerischen Bachmehring hat bereits einigen Bestandgebäuden eine neue Hülle verpasst. Eines ihrer Projekte war ein Bürogebäude aus den 60er-Jahren mit fünf Vollgeschossen, dessen Fassade modernisiert und zeitgemäßen bauphysikalischen Ansprüchen, insbesondere an den Wärme- und Schallschutz, angepasst werden sollte. Zum Einsatz kam dafür die von dem Unternehmen selbst entwickelte Holzmassivwand. Diese ist verhältnismäßig leicht, kann feuerbeständig als F90-M mit einer Kapselung K260 ausgeführt werden und bietet aufgrund des massiven Vollholzkerns einen guten Luftschallschutz mit einem bewerteten Schalldämm-Maß von bis zu R w = 65 dB sowie einem Wärmedurchgangskoeffizienten, dem U-Wert, von bis zu 0,11 W/(m²K) bei einer Dicke von etwa 51 cm. In dem in diesem Artikel vorgestellten Sanierungsprojekt wurde allerdings ein geringerer Aufbau von nur 378 mm bei einem R w von 54 dB und einem U-Wert von 0,197 W/(m²K) gewählt.

Das Holzbauunternehmen fertigte die Wandelemente mit einem hohen Vorfertigungsgrad im Werk. Das Herzstück eines jeden Wandelements bildet der massive Holzkern, der aus dicht an dicht stehenden Holzstielen besteht. Eine beidseitige Beplankung aus Gipsfaserplatten sorgt für den notwendigen Brandschutz und steift die Elemente aus. Die Mineralwolledämmung in der vorgesetzten Holzständerkonstruktion an der Außenseite sorgt für den erforderlichen Wärmeschutz. Rähme und Schwellen aus Furnierschichtholz schließen jedes Wandelement oben und unten ab. Auch die Holz-Aluminium-Fenster wurden bereits im Werk in die Wandelemente eingebaut, ebenso wie die Fassadenbahn und die Unterkonstruktion für die Außenwandbekleidung. Nur die kleinformatige Fassadenbekleidung aus Faserzement wurde in diesem Fall erst auf der Baustelle montiert.
Stahlkonsolen halten Wandelemente auf Abstand
Das geringe Gewicht war ausschlaggebend bei dem Sanierungsvorhaben. Die Tragfähigkeit der Bestandskonstruktion war mit den Einwirkungen der alten Fassade ausgereizt und hätte ein höheres Eigengewicht der neuen Fassade nicht verkraftet. Hinzu kamen auskragende Decken der Betonrippendecken, die keine Lasten aufnehmen konnten. Die neuen Fassadenelemente durften nur an den Stahlbetonstützen befestigt werden. Damit die Fassadenelemente außen vor den auskragenden Decken verlaufen, wurden Stahlkonsolen für die Befestigung an den Stahlbetonstützen entwickelt, die den vertikalen Lastabtrag übernehmen. Auf diese wurden Stahlwinkel, die an den Fußpunkten der Elemente an der Massivholzlage befestigt sind, aufgesetzt und mit den Konsolen verschraubt. Die selbsttragenden raumhohen Fassadenelemente wurden auf je zwei Konsolen punktförmig aufgelagert. Oben werden sie mit Winkelverbindern aus Stahl gehalten, die zudem für die Aufnahme der horizontalen Einwirkungen, vor allem aus Wind, verantwortlich sind.

Jedes Fassadenelement ist 3,60 m hoch und bis zu 7,20 m lang. Die Auflagerkonsolen sind an den Stahlbetonstützen verdübelt. Allerdings stehen die Stahlbetonstützen in einem Abstand von 7,0 m zueinander. Das heißt, dass eben auch die Konsolenabstände dieses Raster übernehmen mussten und die Elemente jeweils an nur zwei Lagerpunkten abgelastet werden konnten. Die Wandelemente mussten aufgrund der wenigen Befestigungspunkte also sehr steif sein und durften nicht zu Verformungen neigen. Beide Eigenschaften können durch den massiven Holzkern und die Beplankung gewährleistet werden.
Da die Wandelemente nur ihr eigenes Gewicht tragen und keine aussteifende Funktion in der Gesamtkonstruktion haben, konnten die Wände nach bayerischem Landesbaurecht als nicht tragende Außenwände eingestuft werden. Somit reichte in diesem Fall in Gebäudeklasse 5 die Anforderung feuerhemmend (F30) und raumabschließend. Würden die Wände dagegen tragende oder aussteifende Funktionen übernehmen, hätten sie nach der baurechtlichen Anforderung als feuerbeständig (F90) ausgeführt werden müssen.

Ideal für Bestandsbauten
Die Fassadensanierung des mehrstöckigen Bürogebäudes mit vorgefertigten Fassadenelementen ist ein Beispiel für die bauphysikalische und architektonische Aufwertung eines Bestandgebäudes. In diesem Fall konnte durch den Erhalt des Betonskeletts die energieaufwendige Herstellung einer neuen tragenden Konstruktion aus dem mineralischen Baustoff vermieden werden. Lediglich die nichttragende ursprüngliche Fassade wurde entfernt. Ist die Bestandsaußenwand dagegen tragend und wird nicht zurückgebaut, kann sogar im laufenden Betrieb saniert werden. Denn neben Bürogebäuden sind es auch viele Schulen, weitere öffentliche Bauten oder Mehrfamilienhäuser mit sanierungsfähiger Bausubstanz, die optimiert und zeitgemäßen Ansprüchen angepasst werden müssen.