In einem gewöhnlichen Gewerbegebiet südlich von Stuttgart haben rundzwei Architekten eine ungewöhnliche Firmenzentrale und Betriebsstätte in Holzbauweise realisiert. Das lichtdurchlässige, umlaufende Vordach aus karbonisiertem Lärchenholz – der namensgebende "Holzhut" – schützt vor Witterung und gibt dem Gebäude seine charakteristische Form.
Hald & Grunewald ist auf den Verkauf und die Vermietung von Gabelstaplern, Teleskopstaplern, Arbeitsbühnen und Containerlösungen spezialisiert. Schulungen, Wartung und Reparaturen gehören ebenfalls zum Angebot. Am neuen Hauptstandort in Ergenzingen, zwischen Schönbuch, Nordschwarzwald und Schwäbischer Alb, arbeiten rund 90 Mitarbeiter:innen. Ziel des Neubauprojekts war es, alle Funktionen des Unternehmens an einem Standort zu bündeln. Zu Projektbeginn analysierten und optimierten die Architekt:innen gemeinsam mit den Mitarbeitenden die bestehenden Arbeitsabläufe. Es galt, das alteingesessene Familienunternehmen "neu zu denken", alte Strukturen zu hinterfragen und einen zeitgemäßen Gewerbebau mit optimalen Workflows und Aufenthaltsqualität für alle Nutzergruppen zu schaffen.
Ein Arbeitsort für alle
Das neue Gebäude von Hald & Grunewald besteht aus zwei Elementen: einem 10 Meter hohen Hallenteil (Werksgebäude) und einem dreigeschossigen Büroteil für die Verwaltung (Betriebsgebäude). Beide Gebäudeteile sind direkt miteinander verbunden und bilden zusammen einen flachen Quader. Von dessen Grundfläche entfallen etwa ein Viertel auf das dreigeschossige Betriebsgebäude und drei Viertel auf das Werksgebäude. Das 2. Obergeschoss des Betriebsgebäudes liegt als auskragender Querriegel über dem Grundkörper aus Erdgeschoss und 1. Obergeschoss. Ein umlaufendes, haubenartiges Vordach verbindet Grundkörper und Querriegel zu einer baulichen Einheit. Konstruktion und Tragwerk des gesamten Gebäudes folgen dem Motto "Soviel Holz wie möglich". Die Halle des Werksgebäudes besteht aus auskragenden Brettschichtholzträgern, die auf Brettschichtholzstützen gelagert sind. Die Hallenfassade ist ebenfalls in Holzbauweise ausgeführt. Ein umlaufender Sichtbetonsockel schützt sie vor mechanischen Beschädigungen. Eine Brandwand aus Ortbeton trennt den Hallenteil vom Betriebsgebäude, das sich von hier bis zu einer Fassade aus Betonfertigteilstützen und Holzrahmenelementen erstreckt. Die Geschossdecken bestehen aus Brettsperrholzdecken (BSP), gelagert auf Brettschichtholzträgern. Lediglich der Bereich über dem Atrium wurde als Ortbetondecke ausgeführt. In deren oval geöffneter Mitte schwingt sich eine repräsentative Stahltreppe vom Erdgeschoss in die Höhe.
Diese Wendeltreppe verbindet die drei Büroetagen und sorgt für direkte Blickbeziehungen in die Büros, Schulungsräume und gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie das Café für die Mitarbeitenden. Großzügige Fensterfronten lassen natürliches Licht in das Betriebsgebäude. Die transparente Gestaltung der Innenräume, z. B. durch gläserne Trennwände zwischen den Büros und helle Akustikdecken aus Holz, fördert die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiter:innen. "Bei den Mitarbeitenden spüre ich eine hohe Wertschätzung für das Gebäude" berichtet Sabine Marquardt, Geschäftsführerin von Hald & Grunewald: "Sie sind stolz, hier arbeiten zu können. Durch die Transparenz der Architektur können wir jetzt viel einfacher und direkter miteinander kommunizieren". Darüber hinaus unterstütze die neue "Corporate Architecture" des Familienunternehmens auch bei der Personalgewinnung: "Wir haben Initiativbewerbungen bekommen – allein durch den Standort und das Gebäude".
Vordach und Fassade: Karbonisiertes Lärchenholz schützt unbehandeltes Lärchenholz
Die vollständig umlaufende Vordachhaube hebt sich gestalterisch vom übrigen Gebäude ab, gleichzeitig verbindet sie Grundkörper und Querriegel. Sechs Meter weit kragt das Vordach aus und kippt dann senkrecht ab. Diese einfache, aber wirkungsvolle Konstruktion bietet nicht nur Schutz vor direktem Sonnenlicht und Regen, sondern trägt auch zum baulichen Wärmeschutz bei. Rund um das Gebäude entstehen unter dem Vordach geschützte Verkehrsflächen und Arbeitsbereiche sowie Stellflächen für die Abholung und Rückgabe der Mietfahrzeuge. Gleichzeitig sorgt die Lichtdurchlässigkeit der Vordachhaube für eine natürliche Belichtung der Hallenflächen im Bereich des Werksgebäudes sowie der Büroräume des Betriebsgebäudes. Bei der Materialwahl der neuen Firmenzentrale stand der Wunsch der Bauherrschaft im Vordergrund, die ökologische Bauweise sichtbar zu machen. Ebenso sollte die Fassade langlebig und wartungsarm sein. rundzwei Architekten kombinierten dazu zwei unterschiedliche Lärchenholzarten: Die senkrechten Flächen des Vordachs bestehen aus orthogonal verschraubten Holzlamellen. Sie wurden nach der japanischen Tradition des Yakisugi in Handarbeit verkohlt – also karbonisiert – und so vor Witterungseinflüssen geschützt. Das derart behandelte Holz nimmt weniger Wasser auf und ist vor Schimmel, Verwitterung, Fäulnis und Wasser geschützt. Die Holzfassade des eigentlichen Baukörpers ist im Gegensatz dazu aus hellem, naturbelassenem Lärchenholz. Durch die weite Auskragung und die Höhe der Vordachhaube sind diese unbehandelten Fassadenflächen vor Verwitterung geschützt.
Kostengünstige Wärmeversorgung und Erholung auf dem Dach
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz spielen bei diesem Gewerbebau auch bei der Haustechnik eine wichtige Rolle. Ein Blockheizkraftwerk versorgt die Fußbodenheizung im Werksgebäude sowie den Büroteil mit kostengünstiger Wärme, außerdem deckt es einen Großteil des Strombedarfs des Gebäude, das nach Niedrigenergiestandard gedämmt ist. Im Sommer sorgt die Absorptionskältemaschine für ein angenehm kühles Klima in den Räumen. Ein großer Teil der Dachfläche wurde als extensives Gründach bepflanzt, das Vögeln und Insekten als Lebensraum dient und den Mitarbeitenden auf der angrenzenden Dachterrasse zur Erholung zur Verfügung steht. Die Frischluftzufuhr erfolgt über manuell zu öffnende Fenster. Darüber hinaus tragen die feuchtigkeitsabsorbierenden Holzoberflächen der Konstruktion zur natürlichen Klimatisierung der Raumluft bei.