Helen Hümmer macht ein FSJ im Bereich Denkmalpflege.
Helen Hümmer ist begeistert von ihrer Einsatzstelle, dem Unternehmen Holzbau Schmäh. Mit ihrem Engagement und ihrer Tatkräftigkeit konnte sie Inhaber Sebastian Schmäh bereits sehr beeindrucken. (Quelle: Holzbau Schmäh)

Technik 27. October 2022 Schnuppern in der Denkmalpflege

Nach dem Schulabschluss absolvieren viele Jugendliche zunächst einen Freiwilligendienst. Ein Freiwilliges Soziales Jahr ist auch in der Denkmalpflege möglich, wie der Einsatz einer jungen Frau in einem entsprechend spezialisierten Holzbaubetrieb zeigt.

Von Herbst 2019 bis Herbst 2020 beschäftigt der Betrieb Holzbau Schmäh aus Meersburg am Bodensee Helen Hümmer, eine junge Frau, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Denkmalpflege bei ihm ableistet. Möglich ist dies, weil einer der Tätigkeitsschwerpunkte der Zimmerei der Denkmalschutz ist, Inhaber Sebastian Schmäh ist staatlich geprüfter Restaurator im Zimmerhandwerk, und weil seit 2019 auch in Baden-Württemberg, als 15. Standort in Deutschland, Jugendbauhütten betrieben werden. Nach den ersten Monaten ihres Einsatzes haben wir uns mit Helen Hümmer über ihre bisherige Zeit bei Holzbau Schmäh als FSJlerin unterhalten.

Die Zimmerin: Frau Hümmer, wie sind Sie dazu gekommen, ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege in den Jugendbauhütten zu absolvieren? Wie haben Sie davon erfahren?

Helen Hümmer: Bis vor ungefähr einem halben Jahr wusste ich tatsächlich selbst nicht, dass man ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich Denkmalpflege machen kann, bis ich das Projekt Jugendbauhütten zufällig im Internet bei meiner Recherche nach Freiwilligendiensten entdeckt habe. Eigentlich war ich auf der Suche nach einem freiwilligen ökologischen Jahr im Ausland, um etwas anderes auszuprobieren und Zeit zum Nachdenken zu haben, weil ich mit meinem damaligen Studium nicht so glücklich war.

Da ich aber schon seit Langem mit einem Wechsel zu Architektur liebäugelte, hat ein FSJ in der Denkmalpflege dann viel besser gepasst: So kann ich in dieses Berufsfeld reinschnuppern, ohne mein Studium direkt zu beenden, da ich für den Freiwilligendienst ein Urlaubssemester nehmen konnte.

Warum haben Sie sich für das traditionelle Zimmerhandwerk entschieden?

Ich hatte Lust mit anzupacken und handwerklich zu arbeiten. Dafür eignet sich die Arbeit in einer Zimmerei perfekt, und gleichzeitig bekomme ich dabei noch einen super Einblick, wie es auf der Baustelle abläuft.

Wie kamen Sie zu der Firma Schmäh?

Meine jetzige Einsatzstelle Holzbau Schmäh habe ich beim Stöbern durch den Einsatzstellenkatalog der Jugendbauhütte Baden-Württemberg entdeckt und bin nach etwas Recherche auf deren Website, die einen sehr sympathischen Eindruck gemacht hat, zu dem Entschluss gekommen, dass das eine geeignete Stelle für mich wäre. Das Ganze hat dann auch noch beim Vorstellungsgespräch mit dem Geschäftsführer Sebastian Schmäh super gepasst und von daher stand dem nichts mehr im Weg. Die Entscheidung war genau die Richtige. Der Betrieb führt sehr interessante Projekte in der Denkmalpflege durch. Ich lerne sehr viel. Entsprechend meiner Vorbildung werde ich stark gefordert und gefördert, was viel Spaß macht und mich weiterbringt. Beispielsweise restaurieren wir in Überlingen ein altes denkmalgeschütztes Gartenhäuschen für die Landesgartenschau. Dabei handelt es sich um ein Projekt der Kreishandwerkerschaft mit Auszubildenden der unterschiedlichsten Gewerke unter der Federführung von Sebastian Schmäh.

Wie war der Bewerbungsprozess? War es schwer, einen Platz zu bekommen?

Man bewirbt sich erst allgemein mit Lebenslauf und Motivationsschreiben bei den Jugendbauhütten, wobei man auswählen kann, für welche Bundesländer man sich interessiert. Nach dem Besuch eines Infotags – oder in meinem Fall einem telefonischen Infogespräch, da ich ziemlich spät dran war – bekommt man den Einsatzstellenkatalog für das jeweilige Bundesland zugeschickt, aus dem man potenzielle Stellen vom Architekturbüro über ein archäologisches Museum bis zu Steinmetzbetrieben oder eben Zimmereien aussuchen und sich dann dort bewerben kann. Ich habe drei Betriebe angeschrieben, war bei Holzbau Schmäh zum Vorstellungsgespräch und habe mich direkt dafür entschieden. Ich hatte das Glück, dass in Baden-Württemberg 2019 erstmals eine Jugendbauhütte betrieben wird und viele Einsatzstellen erst gegen Juni/Juli dazugekommen sind, weshalb ich trotz später Bewerbung noch eine gute Auswahl hatte. In anderen Bundesländern waren die Stellen schon größtenteils besetzt.

Besteht Kontakt zu anderen FSJlern?

Ja, wir haben Seminarwochen, bei denen sich alle „Jugenbauhüttler“ aus Baden-Württemberg treffen. Diese Wochen sind immer ziemlich spaßig und bieten eine gute Möglichkeit, sich über die unterschiedlichen Einsatzstellen auszutauschen. Wir haben über das Jahr verteilt sechs jeweils einwöchige Seminare. Dabei treffen wir uns an unterschiedlichen Orten in Baden-Württemberg, meist in Jugendherbergen oder Selbstversorgerhäusern, wo wir dann verschiedene Themen behandeln: Im ersten Seminar gab es eine Einführung in den Denkmalschutz, dann Fachseminare etwa zu Bauforschung oder alten Handwerkstechniken, die bisher immer richtig interessant waren. Nächstes Jahr werden wir außerdem zwei Wochen auf Campus Galli, einem Projekt, bei dem eine mittelalterliche Klosterstadt mit den Mitteln des 9. Jahrhunderts aufgebaut werden soll (siehe auch Der Zimmermann 1-2.2019), mitarbeiten. Zusätzlich wählt jede Jugendbauhütte ein bis zwei Sprecher oder Sprecherinnen, die sich dann auf bundesweiten Treffen austauschen.

Wem würden Sie weiterempfehlen, ein FSJ Denkmalpflege zu machen?

Ich kann das FSJ in der Denkmalpflege auf jeden Fall allen weiterempfehlen, die sich für Bau/Architektur/Archäologie/Geschichte oder Handwerk interessieren, da es eine super Möglichkeit ist, in diese Berufsfelder reinzuschnuppern, seinen Horizont zu erweitern und nebenbei tolle Leute kennenzulernen. Ich weiß zwar noch nicht genau, was ich danach machen will, aber bin mir ziemlich sicher, dass ich in diesem Bereich bleiben werde, da es mir richtig gut gefällt.

Frau Hümmer, vielen Dank für das Gespräch!

Was sind die Jugendbauhütten?

Die Jugendbauhütten sind ein Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd). An 15 Standorten in elf Bundesländern werden bereits seit fast 20 Jahren Jugendbauhütten betrieben.

Was sind die Rahmenbedingungen?

  • Die Freiwilligen arbeiten zwölf Monate lang Vollzeit in einer Einsatzstelle.
  • Der Bildungsträger ijgd übernimmt die gesamte Koordinierung des Projekts.
  • Der Bildungsträger ijgd übernimmt die gesamte Koordinierung des Projekts.
  • Die ijgd sind Ihre Ansprechpartner bei allen finanziellen, organisatorischen und personaltechnischen Anliegen.
  • Die ijgd betreuen den Freiwilligendienst, besucht die Einsatzstellen und berät Einsatzstelle und Freiwillige bei Fragen, die aufkommen.
  • Die ijgd übernehmen die Anmeldungen der Freiwilligen zur Krankenkasse, Sozialversicherung und Berufsgenossenschaft.
  • Die Freiwilligen bekommen als Taschengeld, Verpflegungsgeld und Unterkunftszuschuss pro Monat ca. 411 Euro. und erhalten 26 Tage Jahresurlaub. Die Einsatzstellen beteiligen sich an den Gesamtkosten in Form einer monatlichen Umlage in Höhe von zurzeit 400 Euro, den Rest tragen die ijgd.
  • Die ijgd organisieren sechs Seminarwochen pro Jahr zu Themen der Denkmalpflege (z. B. traditionelles Handwerk, Baustilkunde, Materialkunde, Denkmalrecht) und persönlichkeitsbildenden Angeboten.

Voraussetzung ist:

  • Dass die Einrichtung, wie Museen oder Denkmalbehörden, oder der Betrieb, beispielsweise Handwerksbetriebe oder Architekturbüros, im Arbeitsfeld „Denkmalpflege“ tätig ist.
  • Dass die Arbeit fachlich, breitgefächert und interessant ist.
  • Dass ein ungelernter junger Mensch innerhalb der geregelten Arbeitszeit betreut werden kann.

Wie kann mein Betrieb Einsatzstelle werden?

  • Sie melden sich bei der für das Bundesland zuständigen Jugendbauhütte.
  • Nach Beratung und Information erstellen Sie ein schriftliches Tätigkeitsprofil, indem Sie ihre Einrichtung beschreiben, genau die möglichst vielseitigen Tätigkeitsfelder für Jugendliche angeben und eine Betreuungsperson benennen.
  • Werden Sie als Einsatzstelle anerkannt, schicken die ijgd Ihnen Interessierte, die im Vorfeld bei den ijgd einen Informationstag absolviert haben.
  • Sie führen ein Bewerbungsgespräch (ggf. Probearbeit) durch und melden den ijgd Ihre „Hitliste“.
  • Es wird ein Dreiseitenvereinbarung unterschrieben zwischen dem Jugendlichem, Ihnen und den ijgd.

Weitere Informationen unter:

www.ijgd.de/dienste-in-deutschland/fsj-denkmalpflege

www.denkmalschutz.de/denkmale-erleben/jugendbauhuetten

zuletzt editiert am 02.11.2022