Väter und Mütter lieben sie, um den Nachwuchs durch die Gegend zu kutschieren. Aber auch das Bauhandwerk kann von der umweltschonenden Transportmöglichkeit profitieren und sich für die Anschaffung eine Kaufprämie von Staat, Land oder Kommune sichern.
Lastenräder gehören längst wieder zum Straßenbild. Wurden sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Handwerk, Einzelhandel oder Post viel und vor allem für gewerbliche Zwecke genutzt, dann ab den 1960er-Jahren dank der Massenmotorisierung und entsprechender Verkehrsinfrastruktur von den Straßen verdrängt, erlebt das Transportrad, vor allem das mit einem Elektromotor unterstützte, derzeit eine Renaissance.
Die Vorteile liegen auf der Hand, wie beispielsweise der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) in fünf Punkten zusammenfasst:
- Lastenräder kommen schnell, zuverlässig und direkt ans Ziel.
- Lastenräder sind günstig in Anschaffung und Betrieb.
- Lastenräder fördern Fitness und Zufriedenheit der Belegschaft, zum Fahren ist keine Fahrerlaubnis nötig.
- Lastenräder schaffen eine positive Umweltbilanz.
- Lastenräder sind hervorragende Sympathie- und Werbeträger und gut fürs Image.
- Finanzielle Förderungen sind vielfach möglich
Die Nutzung von Lastenrädern ist vielerorts politisch gewollt, wie diverse Kaufprämien bezeugen. Viele davon unterstützen nur die Anschaffung von Elektro-Lastenrädern, manche aber auch von solchen, die durch reine Muskelkraft angetrieben werden.
Arne Behrensen betreibt die herstellerunabhängige Internetseite cargobike.jetzt, auf der er neben vielen praktischen Tipps und Kaufberatungen einen Überblick über die bundesweiten Kaufprämien gibt: „Besonders attraktiv sind die Prämien der Kommunen. Jedes Unternehmen, das über eine Anschaffung eines Lastenrads nachdenkt, sollte in der Auflistung überprüfen, ob seine Gemeinde oder Stadt dabei ist.“ Dabei sind es weniger die großen Städte sondern eher die kleineren Gemeinden und Bezirke, die sich aktuell in der Liste finden. So fördert beispielsweise in NRW das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie / Bezirksregierung Arnsberg für gewerbliche E-Lastenräder: bis 4200 € für Kommunen, bis 2100 € für Unternehmen, 500 € für Lastenräder ohne E-Antrieb. Zudem können Gewerbetreibende Zuschüsse beispielsweise in Drensteinfurth oder Straelen erhalten. In Bayern fördern verschiedenste Kommunen, wie München, Freising oder Neubiberg, die Anschaffung für gewerbliche Cargobikes in den eigenen Gemeinden. In Mecklenburg-Vorpommern kann man sich bis zu 1.000 Euro in Greifswald fördern lassen „Bei den Fördermöglichkeiten auf Landesebene für Unternehmen steht Baden-Württemberg und Sachsen aktuell ganz weit vorne“, informiert Arne Behrensen. So erhalten Gewerbetreibende aus Baden-Württemberg einen Zuschuss in Höhe von bis zu 2.500 € und aus Sachsen bis zu 1.500 €.
Der Bund subventioniert ebenfalls die Anschaffung von Lastenrädern. Noch bis Februar 2024 fördert das Bundesumweltministerium bis 2.500 € für gewerbliche eCargobikes und eAnhänger mit Pedelec 25-Antrieb. Dabei ist der Mietkauf förderbar, das Leasing jedoch nicht. Kumulierbar ist die Subvention mit Förderung von Bundesländern und Kommunen, sofern letztere das zulassen.Die Anträge müssen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden.
Deutlich schneller unterwegs als mit einem Auto
Valentin Volkert aus Konstanz hat Geld aus einer landesweiten Prämienquelle für die Anschaffung seines Cargobikes erhalten. Der Zimmerer und Bauingenieur, der gemeinsam mit seinem Schwager Stefan Volkert die Zimmerei Kalocay GmbH in Konstanz vor einigen Jahren übernommen hat, erhielt 30 Prozent des Nettopreises im Rahmen der Landesinitiative Elektromobilität III von der L-Bank Baden-Württemberg, als er sich ein elektrobetriebenes Lastenrad zulegte. „Ich nutze das Fahrrad vor allem, um Baustellen zu besuchen, wenn ich kleinere Reparaturen ausführe oder nur Werkzeug oder kleineres Material transportieren muss“, so Valentin Volkert.
Beim Kauf hat er sich bewusst für ein sogenanntes Long John entschieden, das zwischen Steuerrohr und Vorderrad über eine tief liegende Ladefläche verfügt. „Ich habe an dem Lastenradtest ‚Ich entlaste Städte‘ teilgenommen. Dafür hatte uns das Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V., das mit der Durchführung des Projekts betraut war, ein sehr großes Long John für drei Monate zur Verfügung gestellt. Dieses Rad war mit einer 385-l-Kiste vor dem Lenkrad ausgestattet und ließ eine Nutzlast von 167 kg zu. Das Rad war super, um mal grundsätzlich ein Lastenrad zu testen. Aber die Kiste war viel zu groß für unsere Zwecke, ich habe sie nie voll beladen. Zudem konnte ich das Vorderrad nicht sehen, und das Rad hat einen sehr großen Wendekreis. Bei einem Fahrradgeschäft vor Ort konnte ich tageweise verschiedene andere Grundtypen von Lastenrädern ausprobieren. Ein kleineres Long John mit einer Transportkapazität von etwa 160 l und einer Nutzlast von knapp 150 kg hatte mich direkt begeistert, es lässt sich leicht händeln, man kommt überall mit hin, es hat einen kleinen Wendekreis und fährt sich wie ein normales Fahrrad. Ich bin damit deutlich schneller unterwegs als mit einem Auto. Ich kann einfach auf das Rad springen und losfahren, das Anschnallen, Ausparken etc. fällt weg, ich muss keinen Parkplatz suchen und kann sogar, natürlich schiebend, in die Fußgängerzone mit dem Fahrrad“, erläutert Valentin Volkert seine Kaufentscheidung.
Fahrrad nach der Testphase übernommen
Auch Luis Herrmann, Geschäftsführer der Zimmerei Los Herrmannos Holzmanufaktur in Köln, hat an dem Projekt „Ich entlaste Städte“ teilgenommen: „Von dem Projekt habe ich von unserem Stromanbieter, der selbst auch ein Mietkonzept für Lastenräder in Köln hat, erfahren.
Da ich schon lange mal ein Lastenrad im Betriebsalltag ausprobieren wollte, habe ich mich direkt beworben. Wir sind eine junge Firma, da stellte sich schnell die Frage nach einem nachhaltigen Verkehrskonzept.“ Drei Monate lang probierte Zimmermeister Luis Herrmann ein sogenanntes Trike, ein dreirädriges Lastenrad mit tiefer Ladefläche vorne, aus.

Ein Jahr später konnte er das gleiche Lastenrad sechs Monate lang dank einer Marketingkampagne des Herstellers erneut testfahren. „Dieses Fahrrad haben wir inzwischen übernommen. Eine Förderung haben wir nicht erhalten, weil es ein Gebrauchtfahrzeug war, das wir allerdings zu günstigen Konditionen erhalten haben. Als Ergänzung zum Firmenwagen hat es sich auf jeden Fall etabliert. Vor allem nutze ich es, um Termine im innerstädtischen Raum wahrzunehmen, wie Termine bei der Kundschaft, Aufmaßfahrten, kleine bis mittlere Materialbesorgungen, Baustellenfahrten für kleine Projekte oder bereits eingerichtete Baustellen. Entschieden haben wir uns für dieses Modell, da es mit fast 190 kg Zuladung sehr viel transportieren kann und, aufgrund der besonderen Bauart, auch schwer beladen immer noch stabil steht und sich dank des Elektromotors und der Neigungstechnik sehr zügig und wendig fahren lässt. Ich bin sehr begeistert von dem Fahrzeug, vor allem weil es im Privatleben hier in der Stadt ein Auto komplett ersetzt und im Arbeitsleben eine optimale Fuhrparkerweiterung darstellt. Auch unsere Kundschaft ist fasziniert, wenn wir mit dem Lastenrad ankommen.“
Worauf achten bei der Anschaffung?
Das Fuhrparkteam von „Ich entlaste Städte“ hat sieben Praxistipps für die Beschaffung gewerblicher Lastenräder zusammengestellt. Die Empfehlungen basieren auf den Erfahrungen mit 152 Lastenrädern im Betrieb bei 800 Testenden im Laufe der Testphase von Sommer 2017 bis Ende 2019. Detailliert können die Tipps in einem sechsseitigen Handout unter www.lastenradtest.de oder www.cargobike.jetzt nachgelesen werden. Sie können Interessierten als Checkliste, nicht aber als Ersatz für eine individuelle Beratung dienen.
- Den eigenen Transportbedarf analysieren und den passenden Modelltyp identifizieren.
- Standards und gesetzliche Vorgaben bieten Sicherheit.
- Lastenräder im gewerblichen Einsatz benötigen besonders belastbare Komponenten.
- Ladeflächen und Transportaufbauten müssen zum Transportgut passen.
- Ergonomie und Komfort sind kein Nice-to-have.
- Ein verlässlicher Servicepartner für Wartung und Reparatur ist viel Wert.
- Wer dauerhaft sparen will, sollte bei der Beschaffung nicht geizen.
Quelle: www.lastenradtest.de
Tipps für den Kauf
Aus den Erfahrungen des Projekts „Ich entlaste Städte“ haben die zuständigen Projektpartner für den Fuhrpark sieben Praxistipps erstellt (siehe Kasten Seite 48). Detailliert können die Tipps in einem sechsseitigen Handout unter cargobike.jetzt oder www.lastenradtest.de nachgelesen werden.
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) hat die DGUV Information 208-055 „Sicher unterwegs mit dem Transport- und Lastenfahrrad“ erarbeitet und Ende 2019 veröffentlicht. Die Information gibt Hinweise für die Auswahl, den Einsatz sowie den Umgang mit Transport- und Lastenfahrrädern und unterstützt bei der Erstellung der Gefähdungsbeurteilung.
Auch diese Broschüre bietet im Anhang eine ausführliche Zusammenstellung, die die Auswahl eines geeigneten Transportfahrrads erleichtern soll. Weiterhin finden sich je eine Muster-Betriebsanweisung für den Umgang mit Lastenfahrrädern und mit Li-Ionen-Akkumulatoren und eine Muster-Gefährdungsbeurteilung „Umgang mit dem Lastenfahrrad“ im Anhang. Die Broschüre kann hier kostenfrei heruntergeladen oder gegen eine Gebühr bestellt werden.