Den gemeinsame Landesverbandstag der nordrheinischen Zimmereien und Dachdeckerbetriebe Ende August 2023 in Ratingen bestimmte vor allem ein Thema: Nachwuchssorgen und die Gegenmaßnahmen der Unternehmen.
Obwohl es den Zimmereien und Dachdeckerbetrieben wirtschaftlich weiterhin gut geht, ist die Verunsicherung bei vielen Betrieben seit einiger Zeit groß. Anhaltend hohe Einkaufspreise drücken die Nachfrage in der Bauwirtschaft, auch die Finanz- und -Förderbedingungen werden schlechter. Doch was das Handwerk konkret am meisten trifft, sind die fehlenden Arbeitskräfte. Trotz besserer Ausbildungszahlen bleiben die Nachwuchssorgen bestehen. Somit hatten die Veranstalter diesmal auf Vorträge aus der Fachtechnik oder Betriebswirtschaft bewusst verzichtet. Es gab nur einen Schwerpunkt: Neue Wege in Sachen Nachwuchswerbung bzw. Bindung der Beschäftigten.
Johannes Schmitz, der Vorsitzende des Zimmerhandwerks und Martin Weihsweiler, Vorstandsvorsitzender des Dachdecker-Verbandes, begrüßen die rund 150 Teilnehmenden im großen Saal des Landhotels Krummenweg in Ratingen.

Berufliche Orientierung an Schulen stärken
„Ohne das Handwerk schaffen wir die Klimawende jedoch nicht. Eine berufliche Orientierung muss viel stärker und früher in der Schule umgesetzt werden“, forderte Andreas Ehlert, Präsident Handwerk von NRW. „Subventionierte Strompreise für die Großindustrie – das ist ein Schlag in die Magengrube des Mittelstandes“ kritisierte er in seinem Grußwort. Zum Thema Bürokratieabbau gab er ein Beispiel: „Die öffentlichen Behörden müssen sich untereinander vernetzen, damit wir Bürger nicht immer alle Daten in Formulare neu eingeben müssen“, sagte der gelernte Schornsteinfeger. Zustimmung erhielt er von Rüdiger Otto, ZDB-Vizepräsident/Präsident der Bauverbände NRW, der darlegte, wie schwer es mittelständischen Unternehmern aktuell von Behörden gemacht werde.
EIne Überblick über die wirtschaftliche Situation gab Dipl.- Ök. Felix Fink, Bereichsleiter Wirtschaft und Unternehmensführung im ZVDH: „Die Zahlen der Baugenehmigungen für neue Wohngebäude zeigen: Die Aussichten für 2024 sind schlecht, das betrifft vor allem den Steildach-Bereich“, so Fink, der aber auch gute Nachrichten hatte: „Die Forschungsinstitute gehen nicht von einer Baukrise aus, die Rettung für unsere Gewerke bleibt der Bestand, da sind die Dachdecker stark. Außerdem rücken künftig die "Klimagewerke" SHK, Dachdecker und Zimmerer stärker in den Vordergrund“.

Jote Lück aus Afrika
„Deutsch-sprechende Azubis aus Drittstaaten als ein Lösungselement für die Beseitigung des Fachkräftemangels?!“ Das war das Thema von Dipl.-Kfm. Dipl.-Ing. Heinz G. Rittmann, Geschäftsführer des Deutscher Auslandsbau-Verbandes, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Bauverbände NRW. Der Poolansatz der Bauverbände NRW vermittelt ausländische Arbeitskräfte. „Gute Erfahrungen gibt es mit Flüchtlingen aus Afrika, zum Beispiel Äthiopien, trotz der Sprachprobleme“. „Dat sind oft jote Lück, die brauchen nur eine etwas intensivere Betreuung", bestätigte Sascha Nitsche, Stellvertretender Vorsitzender des Zimmerer- und Holzbau-Verbands Nordrhein.

Arbeitszeitmodell und Klimarettung ziehen
Dass das Handwerk mindestens neue Arbeitszeitmodelle braucht, verdeutlichten Betriebsberaterin Sarah Eichhorn (HWK Düsseldorf), Rüdiger Otto, ZDB-Vizepräsident/Präsident der Bauverbände NRW und Enke-Chef Ulrich Kainzinger. Martin Weihsweiler berichtete in dem Zusammenhang, dass er sich in den Schulen als Klimaretter positioniert und bereits erste Erfolge bei Abiturient*innen erzielt hat.

Volle Bühne für reichlich Erfahrung
Nach der Kaffepause begaben sich Christoph Behm, Lukas Hemmersbach, Sascha Nitsche, Tobias Setz, Dirk Schiffer, Johannes Schmitz und Martin Weihsweiler auf das Podium. Sie berichteten über ihre Erfahrungen in Sachen Nachwuchsgewinnung und Arbeitszeitmodellen. „Gemeinsames Frühstück, ein Fitnessbereich oder flexible, freie Tage – es braucht viele Maßnahmen, damit sich die Beschäftigten wohlfühlen. Das war uns bei unserer Gründung vor rund 2,5 Jahren wichtig“, fasste Lukas Hemmersbach zusammen. Mittlerweile hat der Dachdeckerbetrieb aus Köln über 30 Mitarbeitende.
Mit einem Grillbuffet und rheinischen Häppchen ging der 17. Landesverbandstag des Dachdecker-Verbandes Nordrhein und des Zimmerer- und Holzbauverbandes Nordrhein zu Ende.