Gesprächsführung: "In der Praxis funktioniert das nicht." "Dafür haben wir weder Zeit, noch Geld." "Sie wollen mir doch nur etwas verkaufen." Wenn Gesprächspartner uns solche Aussagen an den Kopf werfen, sind wir oft sprachlos. Die folgenden Tipps helfen Ihnen, auf solche Argumente angemessen zu reagieren.
Gewiss haben Sie eine ähnliche Situation schon einmal erlebt: Sie präsentieren bei einem Geschäftstermin eine Problemlösung, deren Ausarbeitung Sie viel Zeit und Energie gekostet hat. Doch kaum haben Sie Ihre Ideen vorgestellt, sagt ein Kollege: "Das ist reine Theorie. In der Praxis funktioniert das nicht." Oder: Sie beraten einen Kunden. Sie erläutern ihm detailliert die Vorzüge Ihrer gefundenen Lösung, woraufhin der Kunde erwidert: "Dass Sie Ihr Produkt wie alle Verkäufer in rosaroten Farben schildern, ist doch klar. Schließlich wollen Sie mir etwas verkaufen."
Vermutlich reagieren Sie in solchen Situationen ähnlich wie die meisten Menschen: entweder perplex, weil ihnen spontan keine passende Antwort einfällt, oder Sie möchten am liebsten wütend lospoltern "Das ist unverschämt, mir zu unterstellen, dass ...."
Tipp:
Atmen Sie, wenn ein Gesprächspartner Sie mit Killerphrasen "attackiert", erst zwei, drei Mal tief durch, bevor Sie reagieren. Sonst manövrieren Sie sich schnell in eine schlechte Gesprächs- oder Verhandlungssituation.
Wappnen Sie sich gegen verbale "Angriffe"
Killerphrasen werden umgangssprachlich auch "Totschlagargumente" genannt. Denn sie drücken uns sozusagen an die Wand und führen dazu, dass unser Ge-sprächspartner die Oberhand gewinnt sofern wir nicht angemessen reagieren. Entsprechend wichtig ist es, dass Sie solche Scheinargumente schnell erkennen und wissen, wie man sie entkräftet.
Killerphrasen gibt es wie Sand am Meer. Denn letztlich hängt es von der Situation ab, was uns mundtot macht. Allen Killerphrasen ist jedoch gemein: Sie gehen nicht auf unsere Aussagen und Argumente ein. Diese werden vielmehr pauschal beiseite gewischt und übergangen und zwar begründet mit einem mehr oder minder klar formulierten Vorwurf wie zum Beispiel: "Sie haben von der Praxis keine Ahnung." Oder: "Sie sehen den Gesamtzusammenhang nicht."
Tipp:
Erstellen Sie eine Liste der Killerphrasen, die Ihre Kunden, Kollegen und Vorgesetzten am häufigsten verwenden und überlegen Sie sich passende Antworten und Reaktionen.
Zeit zum Nachdenken gewinnen
Spontan reagieren wir auf Killerphrasen meist wie folgt: Wir ziehen uns entweder gekränkt oder verunsichert in unser Schneckenhaus zurück. Das bedeutet bei einem Meeting: Unser Vorschlag ist vom Tisch. Und in einem Verkaufsgespräch? Unser Gesprächspartner fühlt sich in seiner Meinung bestätigt. Oder: Wir reagieren wütend und poltern sogleich los: "Welch Unverschämtheit ...". Auch dies ist nicht zielführend. Denn das eröffnet unserem Gesprächspartner die Chance, zum Beispiel kühl zu erwidern: "Seien Sie nicht gleich pikiert, wenn ich meine Meinung sage." Beide Reaktionsmuster bringen uns also nicht weiter.
Tipp:
Fragen Sie, wenn Sie auf Killerphrase nicht vorbereitet sind oder diese Sie verletzt, zum Beispiel zurück: "Was veranlasst Sie zu dieser Einschätzung?" So gewinnen Sie Zeit, um sich eine angemessene Reaktion zu überlegen.
Die Motive analysieren
In der Regel sollten Sie auf Killerphrasen ruhig und sachlich reagieren. Dabei gilt es zwei Situationen zu unterscheiden. Ihr Gesprächspartner setzt die Killerphrase gezielt als Waffe ein, um Sie zum Beispiel aus dem Konzept oder in die Defensive zu bringen, so dass er einen Vorteil hat. Und: Ihr Gesprächspartner benutzt die Killerphrase eher unbewusst sozusagen reflexartig. Zum Beispiel, weil ihm Ihr Vorschlag nicht schmeckt oder er gerade im Stress ist. Er möchte Sie also nicht attackieren.
Tipp:
Analysieren Sie, bevor Sie reagieren, ob Ihr Gesprächspartner Sie attackieren möchte oder nicht. Was zutrifft, können Sie letztlich nur anhand der Situation und Ihrer Beziehung entscheiden.
Wie Sie sich zur Wehr setzen können
Starten Sie nur in Ausnahmefällen Gegenangriffe
Nehmen wir an, Ihr Gesprächspartner setzt die Killerphrase bewusst einsetzt, um Sie mundtot zu machen. Dann kann es sinnvoll sein, zur Attacke über zu gehen zum Beispiel, wenn Sie wissen "Der Mayer möchte an meinem Stuhl sägen". Ist dies der Fall, können Sie die Aussage Ihres Gegners ins Lächerliche ziehen. Zum Beispiel, indem Sie auf den Vorwurf, Ihr Vorschlag sei nicht praxistauglich, erwidern: "Stimmt, ich habe wenig Praxisfahrung. Schließlich bin ich erst acht Jahre Leiter des Bereichs Firmenkunden." Mit solchen Aussagen weisen Sie Ihren Gegner in die Schranken. Doch Vorsicht! Zugleich riskieren Sie eine offene Konfrontation.
Tipp:
Gehen Sie nur zum Gegenangriff über, wenn Sie der Überzeugung sind: Ein klärendes Gewitter ist unumgänglich.
Den Kontrahent zur Kooperation zwingen
Zielführender ist es zumeist, auf den Angriff ruhig und sachlich zu reagieren und zum Beispiel auf den Vorwurf der mangelnden Praxistauglichkeit zu erwidern: "Herr Mayer, ich sehe das aufgrund meiner Position anders. Könnten Sie mir erläutern, warum mein Vorschlag aus Ihrer Warte nicht realisierbar ist, obwohl er die Vorzüge a...., b.... und c..... hat." So bringen Sie Ihren Kontrahenten in die Defensive und nennen zugleich nochmals die Argumente für Ihren Vorschlag. Außerdem verschaffen Sie sich Zeit zum Nachdenken.
Hat Ihr Gegner seine Aussage konkretisiert, können Sie erneut das Wort ergreifen und zum Beispiel sagen: "Herr Müller, Ihre zentralen Bedenken sind: a..... , b..... und c.... Welche Bedingungen müssten erfüllt sein, damit mein Vorschlag trotzdem realisiert werden kann?" Der Vorteil dieses Vorgehens: Sie nötigen Ihren Kontrahenten, aktiv darüber nachzudenken, wie Ihr Vorschlag realisiert werden kann. Und weigert er sich? Dann ist er in den Augen der anderen Besprechungsteilnehmer der böse Bube.
Tipp:
Nötigen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, seinen Einwand oder seine Einschätzung zu begründen und sich rational mit Ihrem Vorschlag zu befassen.
Partnern Kooperationsbereitschaft signalisieren
Oft setzen Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte Killerphrasen nicht in böser Absicht ein. Weit häufiger nutzen sie diese im Eifer des Gefechts zum Beispiel weil sie unter (Zeit-)Druck stehen. Oder weil ihnen eine Idee wirklich unrealistisch erscheint. Das macht die Killerphrasen nicht weniger gefährlich.
Grundsätzlich sollten Sie in einer solchen Situation ähnlich reagieren, wie wenn eine Person Sie mit einer Killerphrase gezielt attackiert. Da Ihr Partner Ihnen jedoch eigentlich wohlgesonnen ist, müssen Sie nicht so viel Zeit und Ener-gie darauf verwenden, um den (unbewussten) "Angriff" zu parieren.
Tipp:
Signalisieren Sie Gesprächspartnern, die reflexartig Killerphrasen gebrauchen, Verständnis für ihre erste, spontane Reaktion zum Beispiel, indem Sie sagen: "Herr Mayer, ich verstehe, dass Ihnen mein Vorschlag auf An-hieb wenig praktikabel erscheint. Denn wir haben mit diesem Vorgehen noch keine Erfahrung." Das zeigt Ihre Kooperationsbereitschaft. Danach können Sie den Einwand entkräften.
Verletzungen und Narben zu vermeiden
Benutzen Gesprächspartner unbewusst Killerphrasen, ist es in Vier-Augen-Gesprächen zuweilen sinnvoll, diese unmittelbar darauf hinzuweisen, dass ihre Aussagen eine Abwertung Ihrer Person oder Vorschläge enthalten. Zum Beispiel mit den Worten "Herr Mayer, mit Ihrer Aussage unterstellen Sie mir indirekt, dass ich ein Laie bin". Wenn dies nicht die Intention Ihres Partners war, wird er auf Ihre Aussage erschrocken reagieren und sagen: "Nein, das wollte ich nicht". Darauf sollten Sie zum Beispiel erwidern: "Davon ging ich aus. Denn wir arbeiten ja seit Jahren er-folgreich zusammen." Dann ist die Kuh vom Eis und Sie haben Ihrem Partner nochmals vor Augen geführt, was sie verbindet.
In Gruppen sollten Sie darauf verzichten, die Tatsache, dass eine Aussage Sie verletzt hat, unmittelbar anzusprechen. Denn dies könnte von Ihrem Gesprächspartner als ein Bloßstellen vor der Gruppe empfunden werden. War-ten Sie das Ende des Meetings ab. Gehen Sie dann auf die Person zu und sagen Sie zum Beispiel: "Die Besprechung ist ja gut gelaufen. Ihre Aussage ‚....’ hat mich aber getroffen. Denn sie unterstellt mir, dass ..." Dann können sie die Angelegenheit im Vier-Augen-Gespräch klären.
Tipp:
Wenn ein Partner, mit dem Sie ansonsten vertrauensvoll kooperieren, Sie mit einer Aussage verletzt, dann sollten dies unter vier Augen (sofern möglich) ansprechen. Sonst entstehen bei Ihnen schnell Narben, die dauerhaft die Zusammenarbeit belasten.
Ingo Vogel
Ingo Vogel, Esslingen, ist Rhetorik- und Verkaufstrainer. Er gilt als der Experte für emotionales Verkaufen. Mehr Infos unter
