Vieles war anders, aber darum nicht weniger gut: Angefangen bei einer neuen Location bis hin zu einem sorgfältig durchdachten Hygienekonzept erlebten Anfang Oktober rund 60 Teilnehmer im Berliner Adlershof ein Holzbauforum mit an die Pandemie angepassten Rahmenbedingungen, aber gewohnt guten Inhalten. Thomas Rohner von der Berner Fachhochschule führte durch das vom Bruderverlag und Beuth veranstaltete zweitägige Programm, das sich in diesem Jahr der Frage widmete: Ist der Holzbau bereit für den Massenmarkt?
Nicole Hansen
Wir haben ein Holzproblem – so die zunächst etwas provokant anmutende These, die Martin Langen von B+L Marktdaten GmbH gleich zu Beginn des ersten Veranstaltungstags aufstellte. Grund dafür ist der Export eines Großteils an Holz aus Deutschland in die USA und nach China, denn dort läuft der Holzbau trotz oder gerade wegen Corona überraschend gut.
In seinem Vortrag stellte er zudem die Entwicklungsmöglichkeiten des Holzbaus vor und machte deutlich, dass der Holzbau Rückenwind habe, der genutzt werden muss. „Holz wird wichtig werden“, so sein Fazit. Wie gut sich der Holzbau auch hierzulande entwickelt, beschrieb Stefan Schautes von der Howoge Wohnungsbaugesellschaft GmbH. Anhand einiger praktischer Beispiele machte er deutlich, wie wichtig es ist, früh Partnerschaften anzubieten, wenn eine Zusammenarbeit mit dem Holzbau zustande kommen soll: Holzbau durch Partnering fördern, so sein Credo. Ein Schwerpunkt seines Vortrags lag auf dem Projekt Adlershof.

In unmittelbarer Nähe der Veranstaltungslocation gelegen, berichtete Schautes über die Rolle der HOWOGE im Projekt und erläuterte anhand des konkreten Beispiels, was die Holzbauten der Wohnungsgesellschaft im sozialen Wohnungsbau ausmachen. Darüber hinaus wurden im Zuge des Projekts Adlershof die ersten Gehversuche in BIM (Building Information Modeling) gemacht.

Skills statt Wissen
BIM – das ist Thomas Rohners Steckenpferd. Der Professor für Holzbau und BIM an der Berner Fachhochschule und gleichzeitig Moderator des Holzbauforums erklärte, warum uns die Digitalisierung nachhaltig beschäftigen wird. In der Transformation vom analogen Bauen zum digitalen Bauen steckt enormes Potenzial. Die BIM-Methode ist in vielen europäischen Ländern bereits Pflicht und wird sich weltweit durchsetzen. Dazu gilt, dass Skills und methodische Vorgehensweisen wichtiger sind als Wissensvermittlung. „Live ist lässiger“, das gilt auch und gerade bei dieser Methode. Der Holzbau kann seine Erfahrungen in Vorfertigung, Produktion und Planung an die Baubranche weitergeben und eine Führungsrolle in BIM übernehmen.

Innovative Verbindungstechnik für Brettsperrholzelemente beschrieb Thomas Schrentewein. Er erläuterte die Anforderungen der Brettsperrholzbauweise an die Verbindungstechnik und deren Möglichkeiten und zeigte anhand praktischer Beispiele, welche Verbindungen bei mehrgeschossigen Gebäuden sinnvoll sind. Dass die Zollingerbauweise ideal ist für weitspannende Dachkonstruktionen im Industriehallen- und Landwirtschaftsbau, machte Alexander Stahr, Professor an der HTWK Leipzig, deutlich und beschloss mit seinem Vortrag den ersten Veranstaltungstag.
Den zweiten Tag des Holzbauforums eröffnete Frank Steffens. Der Geschäftsführer der Brüninghoff GmbH berichtete von einer regelrechten Holzbaueuphorie, denn momentan entstehen mehr und mehr großflächige Projekte. Daraus resultiert eine schwindende Holzbauromantik, die der industriellen Fertigung weichen muss. Der daraus entstehende neue Alltag muss bewältigt werden, wenn der Holzbau den Anforderungen standhalten will. Anforderungen – das ist zum einen die Zeit, denn der Prozess wird immer schneller; und zum anderen müssen Nutzererlebnisse geschaffen und Arbeitserleichterungen hergestellt werden. Das ultimative Ziel: Effizienzsteigerung.
Holz ist geduldig
„Holz brennt“ – so weit ist das nichts Neues. Dass Holz aber kontrolliert brennt, berechenbar ist und sehr geduldig mit einem Brand umgeht, mag für den einen oder anderen immer noch überraschend sein. Reinhard Eberl-Pacan machte deutlich, dass Brandschutz zwar nicht sexy ist, aber dass sich Holzkonstruktionen im Brandfall durchaus als anderen Bauweisen ebenbürtig erweisen können.

Eine kompetente Planung und vor allem ein an den Baustoff Holz angepasster Umgang mit dem erforderlichen Brandschutz machen Holzkonstruktionen auch für mehrgeschossige Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 ausreichend sicher.
Mit dem Stand der Erkenntnisse über VOC in Holzhäusern, den Michael Köhler vom Bremer Umweltinstitut darlegte, ging ein etwas anderes Holzbauforum zu Ende. Es galt bestmöglichen Gesundheitsschutz mit Möglichkeiten zum Netzwerken zu verbinden – und die neue Location im angesagten Berliner Areal Adlershof bot dafür beste Voraussetzungen. Trotz Maskenpflicht, vorgegebener Laufwege und strenger Abstandsregeln kamen weder Vorträge noch der kollegiale Austausch vor, während und nach der Veranstaltung zu kurz.
Und auch das thematische Fazit des 21. Holzbauforums kann sich sehen lassen: Der Holzbau ist klar im Aufwind, weil der Holzbau das serielle und industrielle Bauen beherrscht und weil Holz in der Circle Economy wohl das optimale Material ist. Holz ist attraktiv für die Architektur, das Investment, das urbane Bauen, die städtische Verdichtung, die energetische und städtebauliche Sanierung. Holzbau – bereit für den Massenmarkt? Ja, auf jeden Fall.
