Erst die Pandemie, dann der Krieg: Beide Ereignisse werden nachhaltig das gesellschaftliche Leben verändern und unter anderem Preise steigen lassen, auch im Bauwesen. Was das für den Holzbau bedeutet, erläutert Peter Aicher im Interview.
Im letzten Jahr hat die Holzbaubranche mit schnellen und hohen Steigerungen der Holzpreise zu kämpfen gehabt. Die Lage hatte sich zum Herbst hin beruhigt. Wird der Krieg in der Ukraine die Preise erneut hochschnellen lassen? Immerhin kamen 2021 laut der europäischen Verbände der Holzindustrie (CEI-Bois) und der Sägewerke (EOS) etwa 10 Prozent des Nadelholzes aus Russland, Belarus oder der Ukraine.
Zunächst einmal verursacht der Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine unermessliches menschliches Leid. Dieser Krieg hat auch europaweit Auswirkungen. Sie sind aber kein Vergleich zu dem, was die Menschen in der Ukraine erleiden müssen. Die direkten wirtschaftlichen Folgen und insbesondere die Auswirkungen auf die Entwicklung der Schnittholzpreise können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen. Aktuell lassen sich die Folgen daher von uns nicht seriös kommentieren. Wir haben auch noch keine Hinweise über Materialknappheit oder von Lieferengpässen bekommen. Der allergrößte Teil des Bauholzes für unsere Holzbauten kommt vorwiegend aus Mitteleuropa. Auch wenn 10 Prozent des Nadelholzes, wie von CEI-Bois und EOS genannt, wegfallen sollten, so stehen doch weiterhin 90 Prozent dem Markt zur Verfügung. Die Versorgung ist aktuell sichergestellt. Wir raten dazu Holz mit Augenmaß und nach Bedarf zu bestellen. Vorratskäufe oder Lageraufbau könnten den Eindruck von Holzknappheit vermitteln und uns wieder in eine kritische Marktlage bringen.
Was ist mit weiteren Auswirkungen des Kriegs? Energie wird teurer, der Transport ist gefährdet, Ukrainer, die hier auf Baustellen oder als LKW-Fahrer arbeiten, sind in die Ukraine zurückgekehrt. Was bedeutet das für den Holzbau?
Wie schwer und tiefgreifend die Auswirkungen sein werden, können wir zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls nicht einschätzen. Aber der Krieg führt uns deutlich vor Augen, dass wir unsere Abhängigkeiten reduzieren müssen. Die Abhängigkeit Deutschlands von fossiler Energieversorgung kann beispielsweise nicht nur durch den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich reduziert werden, sondern auch über einen energieeffizienten Gebäudebestand. Schon seit über zwanzig Jahren hat der Holzbau Lösungen, um Gebäude energieeffizient, ökologisch nachhaltig und klimafreundlich zu machen.
Was die Abhängigkeit der Lieferketten angeht: Wir setzen uns für eine direkte und regionale Rohstoffversorgung ein. Eine stringente Wertschöpfungskette vom Wald über die Sägewerke zu den holzverarbeitenden Unternehmen mit kurzen Lieferketten ist nicht nur in hohem Maße ökologisch, sondern wir vermeiden dadurch auch lange Transportwege. Wir stärken damit zudem die klein- und mittelständischen Wirtschaftsstrukturen. Dazu zählt der Aufbau von effizienten Kooperationsstrukturen und die Bildung und Förderung von Genossenschaften. So könnten stabile und faire Preise sowie eine zuverlässige Verfügbarkeit entlang der Wertschöpfungskette erreicht werden.
Abhängig von der Bauaufgabe und den Anforderungen an das Tragwerk ist außerdem auf einen ressourcenschonenden Materialeinsatz zu achten. Durchdachte Holzkonstruktionen halten den Holzverbrauch so gering wie möglich. Vor diesem Hintergrund gewinnt der Holzrahmenbau weiter an Bedeutung.
Auch die Preise anderer Baustoffe, die im Holzbau verarbeitet werden, wie Stahl oder energieintensive Produkte, wie Dachziegel, werden in die Höhe gehen. Womit müssen Zimmereien rechnen?
Unsere Holzbauunternehmen stehen aktuell sicherlich vor zahlreichen neuen Herausforderungen. Die Folgen dieses Krieges sind sehr komplex und wirken sich auch auf die Lieferketten und Preisentwicklungen unserer Zulieferindustrie aus. Darauf müssen wir uns einstellen. Aber auch hier gilt es nach Augenmaß und nach tatsächlichem Bedarf zu disponieren und dies mit den Auftraggebenden abzustimmen.
Des Zertifizierungssystems PEFC hat verkündet, Holz aus Belarus und Russland als Konfliktholz einzustufen. Was bedeutet das genau?
Die Einstufung als „Konfliktholz“ bedeutet, dass sämtliches Holz aus Russland und Belarus nicht mehr für PEFC zertifizierte Produkte verwendet werden kann. Unabhängig davon ist das Holz für Zimmererarbeiten und den klassischen Holzbau in Deutschland ein mitteleuropäisches Bauprodukt. Und wie oben bereits gesagt, der Markt wird den Ausfall kompensieren können, wenn wir alle mit Weitsicht handeln.
Für uns ist eine direkte und regionale Rohstoffversorgung von großer Bedeutung. Und wie bereits gesagt, über eine stringente Wertschöpfungskette mit kurzen Lieferketten erreichen wir eine zuverlässige Verfügbarkeit. In Deutschland haben wir genug Holz. Seit Generationen betreiben wir eine nachhaltige Forstwirtschaft. Daher wächst bei uns immer noch mehr Holz nach als wir entnehmen.
Was raten Sie Holzbauunternehmen und Zimmereien, wie sie mit der Situation umgehen sollten, insbesondere im Kontakt mit (potenziellen) Auftraggebenden?
Wir leben in Zeiten großer Veränderungen. Jede Bauaufgabe stellt die Betriebe vor ganz individuellen Herausforderungen. Es war schon immer ratsam mit allen Baubeteiligten im ständigen Austausch zu bleiben und für die anstehenden Aufgaben gemeinsame Lösungen zu finden.
Vielen Dank für das Gespräch!