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Angela Trinkert. Bild: Radach

News 2017-08-15T00:00:00Z DER ZIMMERMANN 8.2017: Vorfertigung versus Baustellenfertigung

Liebe Leserin, lieber Leser, die Automatisierung und die Digitalisierung im Holzbau nehmen in den letzten Monaten viel Raum in DER ZIMMERMANN ein. Auch in diesem Heft stellen wir ab Seite 8 Möglichkeiten der Vorfertigung in der Gebäudemodernisierung vor.

Nun hatte ich vor Kurzem eine längere Diskussion mit einem anderen Zimmerer und Bauingenieur, der anmerkte, dass es sicherlich einige größere Betriebe gebe, die relativ leicht auf Vorfertigung umsteigen könnten bzw. dies schon vollzogen hätten. Aber die Mehrheit der Zimmereibetriebe habe eine Größe, bei der eine Umstellung wirtschaftlich nicht gerechtfertigt werden könne. Diese Betriebe erstellen den Holzrahmenbau, als eine Leistung von vielen, die sie anböten, bauseits – natürlich keine Mehrgeschosser, sondern ein- oder zweistöckige Gebäude wie Einfamilienhäuser oder Kindertagesstätten, Anbauten oder Aufstockungen in den Gebäudeklassen 1 oder 2.

Wenn die Holzbauer sorgfältig arbeiten, funktioniert das gut und bringt auch Vorteile.

Ein Transport von großformatigen Elementen wird vermieden, das kann insbesondere in engen oder schwer erreichbaren Baustellensituationen günstig sein. In der Sanierung kann vor Ort angepasst werden, wie der letzte Teil der Serie „Aufstockung“ ab Seite 13 zeigt. Das „Innere“ der Wände kann während der Erstellung eingesehen und damit auch kontrolliert werden. Der Planer oder Bauherr kann sich jederzeit vergewissern, dass die Planungen eingehalten sind. Und es dauert auch nicht unbedingt viel länger. Nach zwei oder drei Tagen kann ein Geschoss fertiggestellt sein. Weder sind ein Ü-Zeichen noch ein RAL-Zeichen, wie sie in dem Artikel ab Seite 32 vorgestellt werden, ist erforderlich. Allerdings muss man dabei wissen, dass immer mehr Bauherren, insbesondere die öffentlichen Auftraggeber, genau diese Kennzeichnungen fordern.

Einen „Kompromiss“ zwischen völliger Automatisierung und Baustellenfertigung kann die mechanische Methode der Vorfertigung darstellen. Ein System stellt Elmar Mette im Fachtraining auf Seite 24 vor. Sicherlich eine gute Alternative für die Betriebe, die manchmal Elemente vorfertigen und ansonsten die Anlage beiseite schieben.

Jeder Zimmereibetrieb muss für sich gucken, was wirtschaftlich ist, wo die Arbeitsschwerpunkte liegen und wie er sich in den nächsten Jahren entwickeln möchte. Diese Entscheidung sollte aber bewusst gefällt werden und nicht aus Ablehnung neuer Technologien oder aus einem Gefühl von „so haben wir es schon immer gemacht“ heraus. Die Entscheidung Holzrahmenbau weiterhin bauseits zu fertigen, kann dabei durchaus passen.

Ihre

Angela Trinkert

zuletzt editiert am 04. August 2021