Horizontale Einwirkungen erzeugen in Bauteilen wie Wänden und Decken Scher- und Zugkräfte. Diese Kräfte müssen von Verbindungen, die entsprechend bemessen und umgesetzt wurden, aufgenommen werden. Beispielsweise eignen sich Zuganker und Scherwinkel dafür.
Für die Statik eines Gebäudes sind verschiedene Nachweise zu führen. Nicht nur die Sicherheit für Leib und Leben (Tragsicherheitsnachweis), sondern auch die Gebrauchstauglichkeit (Verformungen) ist zu berücksichtigen und nachzuweisen. Für senkrechte Lasten wird dies in allen Statiken berechnet, doch der Nachweis der horizontalen Lasten wird gerade im Einfamilienhausbereich leider häufig noch nach „Erfahrung“, „Gefühl“ oder gar nicht geführt. Dabei sind Lasten aus Wind und Erdbeben nicht zu vernachlässigen.
Ein Gebäude wird in der Regel über Deckenscheiben und Wände oder einen Treppenhauskern ausgesteift. Aus der einfachen Mechanik (Summe der Kräfte = 0, Versatzmoment usw.) ergeben sich für die Wände Horizontalkräfte sowie Zug- und Druckkräfte am Wandanfang bzw. -ende. Die Horizontalkräfte werden über Schubwinkel in die Decke oder den Boden eingeleitet, die Zugkräfte über Zugwinkel.
Standardansatz für aussteifende Wände
Der Standardansatz teilt die Kräfte auf Schub- oder Scherwinkel und Zuganker auf. Dabei ist zu beachten, dass die Zuganker immer am Wandanfang (Türen, Fenster und andere Öffnungen in der Wand gelten als Unterbrechung der Wand) und am Wandende angeordnet werden müssen. Das hat den Hintergrund, dass Horizontalkräfte aus Wind und Erdbeben aus beiden Richtungen kommen können. Des Weiteren hat die Länge der Wand direkten Einfluss auf die Zuglast (Hebelgesetz), so dass ein Verschieben der Anker nach innen zu höheren Zuglasten führt.
Unter den Zugankern gibt es verschiedene Systeme: von einteiligen Winkeln, die auf der Baustelle angebracht werden und mit maximal 3–5 kN belastet werden können, über zweiteilig vormontierbare Winkel bis hin zu den leistungsstarken Zugankern, die bis zu 150 kN charakteristische Zuglast aufnehmen können. In der Regel sind im deutschen Raum bei mehrgeschossigen Gebäuden Zuganker bis circa 50 kN und bei Einfamilienhäusern bis 15 kN ausreichend.
Für alle Zuganker gilt, dass sie im Holzrahmenbau an den Stielen befestigt werden müssen. Eine Einleitung von Zugkräften über die Schwelle ist nicht gestattet. Dadurch würde Querzug entstehen, was ein (zumindest rechnerisches) Versagen der Konstruktion zur Folge hätte.
Für Schubwinkel werden in der Regel flache breite Winkel angeboten. Da im Gegensatz zum Zug der Schub über die Schwelle eingeleitet werden kann, sind dafür wesentlich einfachere Systeme möglich, sodass es nicht zu Kollisionen mit Beplankungen im Sichtbereich kommt. In der Regel verschwinden Schubwinkel im Estrichaufbau. Dafür sind die klassischen Winkel Typ 105 weit verbreitet, wenn es jedoch um hohe Lasten geht, kommen diese schnell an ihre Grenzen. Leistungsstarke Winkel können mittlerweile bis zu 50 kN Bemessungslast Schub aufnehmen. Dies macht die Aussteifung kosteneffizient, da wenige gute Winkel kurze Montagezeiten bedeuten.
Speziallösungen für spezielle Details
Ein häufiges Thema sind Betonaufkantungen. Diese lassen eine Montage der klassischen Anker aus geometrischen Gründen nicht zu. Deshalb wurden Speziallösungenentwickelt, um auch an Betonaufkantungen sauber und effizient verankern zu können. Beispielhaft sei die WHT Plate von Rothoblaas genannt, eine Metallplatte, die Zugkräfte aus dem Holz aufnimmt und an den Beton überträgt.

Dort, wo Zug ist, tritt in der Regel auch Schub auf. Auch dieser lässt sich mit entsprechenden Verbindungsmitteln aufnehmen. Beispielsweise kann die Metallplatte Titan Plate von Rothoblaas als speziell entwickelte Schubverbindung eingesetzt werden. Winkel aus der Titan-Winkel-Serie können gleichzeitig Schub und Zug aufnehmen. Ebenso ist es möglich, dass der Winkel am Wandanfang als Zug- und der Winkel am Wandende als Schubwinkel funktioniert. Dadurch können weitere Winkel in Wandmitte aus statischer Sicht überflüssig werden.
Ein weiterer Ansatz ist es, die konstruktiven Winkel, die die Zimmerleute sowieso alle 1,5–2,5 m für die Ausrichtung der Wände setzen, ebenfalls von vorneherein statisch zu berücksichtigen. Dies wurde in der Vergangenheit meistens vernachlässigt, da diese Winkel nur im Bereich von 3–5 kN belastbar waren. Der neu entwickelte Nino 150/80 ist ein Standardwinkel, der sich als Holz-Beton- und als Holz-Holz-Verbinder einsetzen lässt und mit bis zu 35 kN in F1- bzw. F2/3-Richtung belastbar ist.
Für das Aufnehmen der Zug- und Scherkräfte sollten die Winkel möglichst leistungsstark und hoch ausgelastet sein. Des Weiteren sollten alle eingesetzten Winkel (also auch die konstruktiven) statisch angesetzt werden. Dies verringert Montagezeiten und Materialkosten und kann damit den Holzbau wieder ein Stück günstiger und effizienter machen.