Einfamilienhaus Sein eigenes Haus sollte aus Holz sein – das war Eric Sturm völlig klar. Schließlich hatte er sich als Architekturjournalist intensiv mit der Frage nach der Zukunft des Bauens beschäftigt. Und auch mit Raummodulen. Mit denen liebäugelte er anfangs und zeichnete zahlreiche Ideenskizzen. Doch am Ende wurde es dann ein ungewöhnlicher Holzrahmenbau mit hohem Vorfertigungsgrad.
Den Wunsch, irgendwann einmal raus aus Berlin aufs Land zu ziehen, hatte das Ehepaar Eric Sturm und Katharina Höhnk schon lange gehabt. Und dass es ins Bremer Umland gehen sollte, wurde früh entschieden und lag nahe, denn Höhnk stammte aus dieser Gegend. 2012 verliehen die beiden ihrem Vorhaben durch den Kauf eines 2.200 m2 großen Grundstücks im Landkreis Cuxhaven Nachdruck. Danach passierte aber erstmal lange nichts. Bis 2020. Da empfand das Ehepaar, dass die Zeit nun reif sei. Und Sturm stieg tief in die Hausbauthematik ein.
Je mehr er sich mit seiner ursprünglichen Idee von drei aneinandergedockten Raummodulen beschäftigte, desto mehr musste er auch erkennen, dass sich damit viele ihrer Wohnwünsche nur schwer oder gar nicht umsetzen lassen. Eine gute Bekannte riet ihm schließlich, über die Architektenkammer Bremen nach holzbauaffinen Architekten zu suchen. Gesagt, getan. Drei wurden kontaktiert. Das Gespräch mit dem Bremer Architekten Hans-Martin Kahrs überzeugte das Bauherren-Ehepaar am meisten und so betrauten sie ihn mit dem Auftrag.
Anfängliche Raummodul-Idee wird zum Holzrahmenbau-Entwurf
Kahrs zeigte zunächst einige Alternativen auf und erörterte mit den beiden die jeweiligen Vor- und Nachteile. Gemeinsam entwickelten sie den Entwurf kontinuierlich weiter. Beibehalten wurde der Verzicht auf die beiden Kostentreiber Keller und Obergeschoss. Ansonsten änderte sich viel: Aus drei sehr schmalen Baukörpern wurden zwei breitere, aus vorgefertigten Raummodulen ein Holzrahmenbau mit hohem Vorfertigungsgrad, aus drei Flachdächern zwei Satteldächer.

Die Satteldächer sorgen dafür, dass das Gebäude an die lokale Bautradition anknüpft und sich optisch besser in die bauliche Umgebung integriert – nicht unwichtig, wenn man sich als Fremder in einer ländlichen Gegend niederlässt und bei den Alteingesessenen keinen Unmut erregen will. Mit ihrer leichten Asymmetrie verleihen sie dem Haus jedoch einen gewissen Pfiff, eine markante Anmutung. Und im Hausinneren sorgen die überall sichtbaren Dachschrägen für spannende Räume.
Als der Entwurf nach einem langen Prozess schließlich stand, übergab das Architekturbüro das Bauprojekt an das Holzbauunternehmen Kurt Buck. Mit dem hatte es bereits vorher bei mehreren Bauprojekten gut zusammengearbeitet und konnte deshalb darauf vertrauen, dass auch diesmal alles klappt. Buck optimierte zunächst die Werk- und Detailplanung – zum einen konstruktiv, zum anderen herstellungs- und montagetechnisch. Denn alle Wände und Dächer sollten als Großelemente vorgefertigt werden.
Da die Wandständer aus energetischen Gründen 200 mm tief sind und die beiden eingeschossigen Baukörper mit ihrer Länge von 12 m und ihren Breiten von 5 m und 7 m überschaubare Dimensionen haben, stellte die Statik keine allzu große Herausforderung dar.
Schnellste Methode, um Gefache zu dämmen: mit Einblasplatte
Gedämmt wurden die Elemente mit Holzfaser. Die passt gut zum Baustoff Holz und bringt einige Vorteile. Fürs Wohlbefinden: eine hohe baubiologische Qualität sowie einen hervorragenden sommerlichen Hitzeschutz. Für den Schutz der Tragkonstruktion und angenehmes Raumklima: Diffusionsoffenheit gepaart mit der Fähigkeit, bis zu 15 Prozent ihres Eigengewichts an Feuchte aufnehmen, zwischenspeichern und wieder abgeben zu können, ohne dabei nennenswert an Dämmleistung einzubüßen. Und für den Klimaschutz: das Speichern großer Mengen CO2.
Die Gefache füllte Buck mit der Holzfaser-Einblasdämmung Steico-Zell. Einblasdämmstoffe sind in der Elementfertigung ideal – wenn mit Einblasplatten gearbeitet wird. Die werden von oben auf das offene Element gesenkt und platziert. An den Seiten schließt eine luftdurchlässige Membran das Gefach staubdicht ab. Da der Dämmstoff über mehrere Düsen eingeblasen wird, verteilt er sich gleichmäßig. Der Vorgang stoppt automatisch, sobald die optimale Rohdichte erreicht ist. Die ist bei Holzfaser-Einblasdämmstoffen relativ gering, weil sich die Holzfasern räumlich verzahnen. Das sorgt wiederum für einen guten λD-Wert: 0,038 beträgt er bei der Steico-Zell.

Sofort ein sicheres Unterdach: mit aufkaschierter Unterdeckbahn
Die 240 mm tiefen Gefache der Dachelemente schloss Buck mit einer 60 mm dicken Holzfaser-Unterdeckplatte. Zum Einsatz kam die Steico-Safe. Denn die gibt es für die Elementfertigung in großen Plattenformaten von zu bis 2.800 × 1.250 mm. Und vor allem ist eine Unterdeckbahn aufkaschiert. Die ist an ihren Rändern mit Selbstklebestreifen ausgestattet, wodurch sich auf der Baustelle die Stöße einfach und schnell schließen lassen. Das Verlegen großflächiger Unterdeckbahnen entfällt, was viel Zeit spart. Bis zu 12 Wochen ist die Steico-Safe frei bewitterbar.


Solange dauerte es bei diesem Bauprojekt allerdings nicht, bis die Dachdeckung aufgebracht war. Die Lattung war schon bei der Vorfertigung befestigt worden. Und so konnte, nachdem der Rohbau in 2 Tagen errichtet war, sofort mit dem Verlegen der Dachsteine begonnen werden. Die Wahl war – wie sollte es bei einem Architekturjournalisten anders sein – natürlich auf einen ästhetisch anspruchsvollen, sehr minimalistischen Dachstein gefallen: auf den „Planum“ von Nelskamp.
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Die Regeldachneigung des „Planum“ beträgt 25°. Die Dachflächen des Hauses sind steiler: 27,5° die beiden flacheren, 37,5° die beiden steileren Dachflächen. Die Regeldachneigung wird also nicht unterschritten. Trotzdem ist die bis ZVDH-Klasse 2 einsetzbare Steico-Safe hier sinnvoll, denn sie sorgt an der stürmischen und regnerischen Nordseeküste für hohe Sicherheit. Und die wird aufgrund der mit der Klimaerwärmung einhergehenden Zunahme der Anzahl und Intensität von Starkregenereignissen immer wichtiger.
Im Holzrahmenbau besonders wichtig: sommerlicher Hitzeschutz
Was das Bauherren-Ehepaar an Holzfaser-Dämmstoffen besonders schätzt: ihr wirksamer Schutz vor sommerlicher Überhitzung. Auch der wird aufgrund der Klimaerwärmung immer wichtiger, denn die Zahl der Hitzetage mit über 30 °C steigt stetig an: in Deutschland von durchschnittlich 4,4 pro Jahr in den 1980er-Jahren auf 11,1 in den 2010er-Jahren. Gerade im Holzrahmenbau ist der Hitzeschutz sehr wichtig, weil hier die schweren Baumassen fehlen, die eindringende Hitze abpuffern könnten. Es genügt auch nicht, an heißen Tagen die Fenster tagsüber zu verschatten und zu schließen und nachts zu öffnen, denn die Hitze arbeitet sich durch die gesamte Gebäudehülle von außen nach innen vor.
Der Wärmedämmung fällt die Aufgabe zu, die in die Gebäudehülle eingedrungene Hitze möglichst stark zu bremsen. Weit verbreitet ist die Meinung, der λ-Wert sei hierbei die entscheidende Kenngröße. Und was im Winter gut dämmt, das dämme genauso gut auch im Sommer – nur eben in umgekehrter Richtung. Dem ist nicht so. Denn im Winter herrscht ein kontinuierliches Temperaturgefälle von innen nach außen, im Sommer jedoch wechselt es: Im Sommer ist es tagsüber außen wärmer als innen – und nachts kühler. Nachts kann die Wärmedämmung also wieder abkühlen. Und am nächsten Tag wieder selbst viel Wärme aufnehmen.
Um es bildlich auszudrücken: Im Winter verhält sich die Dämmung wie ein vollgesaugter Schwamm, im Sommer wie ein ausgewrungener. Im Winter kann die bereits erwärmte Dämmung keine zusätzliche Wärme mehr aufnehmen und leitet sie komplett weiter. Im Sommer dagegen kühlt sie nachts ab, nimmt zu Beginn des Tages zunächst selbst viel Wärme auf – und leitet entsprechend wenig Wärme weiter. Für den sommerlichen Hitzeschutz sind deshalb die spezifische Wärmekapazität und die Rohdichte wichtige Kenngrößen. Und bei denen sind Holzfaser-Dämmstoffe gegenüber anderen Dämmstoffen meist deutlich besser.
Darum können Sturm und Höhnk– obwohl ihr neues Zuhause bezogen auf das Raumvolumen viel Gebäudehülle aufweist – ihr neues Leben auf dem Land auch an heißen Sommertagen ohne stromfressende Klimaanlage genießen.
Autor: Günther Hartmann