Ingenieurholzbau In Kaiserslautern wird eine altindustrielle Brachfläche städtebaulich saniert. Den Neubeginn markiert ein fünfgeschossiges, massivhölzernes Parkhaus mit Bürotrakt.
Die vormals weltbekannte Nähmaschinenfabrik Pfaff beschäftigte am Stammsitz in Kaiserslautern in ihrer Blütezeit als seinerzeit größter Arbeitgeber der Stadt über 7.000 Mitarbeiter. Nach der Insolvenz 1999 lag das Industrieareal seit 2009 brach. Im Jahr 2014 hat die Stadt Kaiserslautern einen Großteil des heute zentrumsnahen Geländes mit einer Fläche von 18 Hektar aus der Insolvenzmasse erworben. Davon wird im ersten Schritt ein kleines Teilstück von 3,5 Hektar von der städtischen Pfaff-Areal-Entwicklungsgesellschaft (PEG) zu einem klimaneutralen Mischquartier saniert und umgebaut. Im Zuge dessen konnten umfängliche Förder- und Forschungsmittel in der Höhe von über 25 Millionen Euro von Bund, Land und Stadt für das Leuchtturmprojekt akquiriert werden. Dort, wo 150 Jahre lang Nähmaschinen produziert wurden, soll sukzessive ein neues Stadtviertel aus Wohn-, Gewerbe- und Technologieeinheiten entstehen. Im ersten Schritt gilt es, die mit Schwermetallen kontaminierten Böden abzutragen und das ebenso belastete, stehende Grundwasser zu klären. Des Weiteren wartet eine Reihe von stark sanierungsbedürftigen bis baufälligen historischen Fabrikgebäuden und ehemaligen Lagerhallen auf zukunftsfähige Lösungen – vom Abriss über den Umbau bis zur Neubebauung.
Parkhaus als Dienstleister für Medizinisches
Versorgungszentrum
Ein erster Teilabschnitt konnte nun Vollzug melden: die Errichtung eines Massivholz-Parkhauses aus Brettsperrholz-Elementen (BSP) mit Brettschichtholz-Tragwerk (BSH) nebst kopfseitigem Bürobau. In Letzteren ist die Energieagentur Rheinland-Pfalz eingezogen. Die Bauherrschaft, die Investorengemeinschaft Redstone One GbR, hat dazu in unmittelbarer Nachbarschaft parallel ein vormaliges Pfaff-Verwaltungsgebäude aus den 1950er-Jahren für rund 30 Millionen Euro saniert, aufgestockt und zu einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) mit 15.000 m² Nutzfläche umgebaut. Das Parkhaus nimmt städtebaulich Bezug zum MVZ auf und hält des Weiteren den Parkraum für die Mitarbeiter und Klienten der Facharztpraxen bereit. Passend dazu wird im Erdgeschoss des Bürobaus eine Apotheke betrieben. Auch energetisch kooperiert das Parkhaus über einen gemeinsamen Ortsnetztrafo mit dem MVZ, welches zudem mit Inbetriebnahme der PV-Anlagen des Parkhauses mit dessen sommerlichen Überschüssen versorgt werden wird.


Lastpunkte mit Durchstanzbewehrung
Die Gründung des unterkellerten Parkgaragen- und Büroneubaus mit den Maßen (L) 58 m × (B) 40,5 m × (H) 16,5 m erfolgte auf einer elastisch gebetteten, 50 cm dicken Stahlbeton-Bodenplatte. Aufgrund der hohen Traglasten ist der Beton der Druckfestigkeitsklasse C30/37 in Teilbereichen 70 cm stark ausgeführt worden, zudem erhielten die hohen Lastpunkte eine Durchstanzbewehrung zwecks Schubsicherung. Das Bauwerk wurde gegen aufsteigende Feuchtigkeit bis zur Höhe von 75 cm über der Oberkante Bodenplatte im Bereich der Außenwände mittels einer Bitumendickbeschichtung und die Bodenplatte durch eine weiße Wanne abgedichtet.
Der Keller setzt sich aus 30 cm dicken erdberührten Wänden und einer 30 cm dicken Decke, jeweils aus Stahlbeton, zusammen. Beim Bürobau wurden die Wände außenseitig mit 10 cm dicken XPS-Platten und die Decke mit 20 cm dicken EPS-Platten gedämmt. Die Stahlbetondecke wurde ohne Unterzüge und mit aufwendigen Stützenkopfanschlüssen ausgeführt.
Zwei Erschließungskerne
Die beiden hölzernen Gebäudetrakte werden von einer 30 cm dicken Stahlbeton-Brandwand separiert, die auf der Parkhausseite 10 cm dick mineralisch gedämmt wurde. An den äußeren Gebäuderandzonen befinden sich zwei Erschließungskerne in den Maßen (L) 3,85 m x (B) 11 m x (H) 16,5 m, die ebenfalls von 30 cm dicken Stahlbetonwänden eingehaust werden. Deren mit 8 cm Mineralwolle gedämmte Außenwände wurden mit zementgebundenen Platten zur Befestigung der späteren Holzfassade bekleidet. Sie halten zum einen mit den Treppenhäusern die sicheren Fluchtwege für den Brandfall bereit, und stellen zum anderen über einen Aufzug den barrierefreien Zugang der Obergeschosse sicher. Der Anschluss der BSP-Elemente an den Betonkernen erfolgte mittels Streichbalken und Standard-Schubwinkeln aus feuerverzinktem Stahl. Darüber hinaus mussten an den äußeren Achsen 1 + 16 eigens berechnete und angefertigte Stahlverbinder auf der Baustelle an einen Schweißgrund angeschweißt werden. Dies bedingten die hier sehr hohen Zug- und Drucklasten, die mit Standard-Winkelverbindern nicht hätten übertragen werden können. Zudem stellen die beiden Erschließungskerne die vertikale Aussteifung des Gebäudes sicher.

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Autor: Marc Wilhem Lennartz, unabhängiger Fachjournalist, Referent & Buchautor; www.mwl-sapere-aude.com
Den ausführlichen Beitrag mit weiteren Fotos und Zeichnungen lesen Sie in bmH bauen mit Holz 5.2024.