Bauvorlageberechtigung Seit diesem Jahr in Rheinland-Pfalz und seit dem letzten Jahr in Nordrhein-Westfalen sind Zimmermeister:innen berechtigt, Baugenehmigungen zu beantragen. Die Landesbauordnungen wurden entsprechend geändert. Damit haben fast alle Bundesländer die sogenannte kleine Bauvorlageberechtigung eingeführt.
Jeder in Deutschland, der ein Bauwerk errichten oder aufwendig umbauen möchte und eine Baugenehmigung braucht, benötigt eine Bauvorlage. Diese muss bei der zuständigen Baubehörde eingereicht werden. Obwohl Zimmerer-, Maurer- und Betonbauermeister:innen deutschlandweit einheitliche Meisterprüfungen ablegen und damit qualifiziert sind, solche Bauvorlagen zu erstellen, durften sie diese bislang nicht in allen Bundesländern selbst bei den Behörden einreichen.
Da das Baurecht in die Zuständigkeit der Länder fällt, regeln die Landesbauordnungen individuell, wer berechtigt ist, Bauvorlagen einzureichen. Die Inhalte dieser Regelungen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland.
Der Grund dafür, dass die sogenannte kleine oder eingeschränkte Bauvorlageberechtigung bisher nur in wenigen alten Bundesländern existierte, liegt in der Nachkriegszeit, als sowohl der Bedarf an Wohnraum als auch der Mangel an Architekturbüros groß war. Um schnell und günstig bauen zu können, wurde in manchen Bundesländern die Regelung der kleinen Bauvorlageberechtigung eingeführt.
Unterschiede in den Ländern
Für welche Bauten genau Zimmermeister:innen in den einzelnen Bundesländern eine Bauvorlage einreichen dürfen, unterscheidet sich in den verschiedenen Landesbauordnungen (LBOs) in Nuancen. Als Beispiel sei die Vorgabe der bayerischen LBO genannt:
- freistehende oder nur einseitig angebaute oder anbaubare Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 mit nicht mehr als drei Wohnungen,
- eingeschossige gewerblich genutzte Gebäude mit freien Stützweiten von nicht mehr als 12 m und nicht mehr als 250 m2,
- land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude,
- Kleingaragen,
- einfache Änderungen von sonstigen Gebäuden.
Im Vergleich dazu der entsprechende Abschnitt der LBO Rheinland-Pfalz:
- Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 mit maximal zwei Wohnungen bis zu insgesamt 100 m2 Grundfläche,
- gewerbliche sowie land- und forstwirtschaftliche Gebäude mit nicht mehr als einem oberirdischen Geschoss bis zu 250 m2 Grundfläche.
Somit lohnt es sich, einen Blick in die jeweilige Landesbauordnung zu werfen. Seit Langem gibt es die kleine Bauvorlageberechtigung beispielsweise in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. 2021 wurde sie auch in Sachsen-Anhalt eingeführt, 2024 in Nordrhein-Westfalen und Anfang dieses Jahres auch in Rheinland-Pfalz. In Mecklenburg-Vorpommern sind mit der letzten Novelle der Landesbauordnung ab 01.04.2025 u.a. auch Meisterinnen und Meister des Zimmererhandwerks bauvorlageberechtigt. Inzwischen können in fast ganz Deutschland Meister:innen aus den Gewerken Maurer, Betonbauer und Zimmerer Bauanträge für Ein- und Zweifamilienhäuser oder kleine Gewerbebauten und Anbauten einreichen. Lediglich Thüringen hat seine Landesbauordnung noch nicht angepasst.
Nicht immer reicht allein der Meisterbrief
Manchmal sind weitere Voraussetzungen entscheidend dafür, ob ein:e Meister:in berechtigt ist, eine kleine Bauvorlage zu erstellen. In den meisten Bundesländern reicht tatsächlich der Meisterbrief des Zimmerer-, Maurer- oder Betonbauerhandwerks aus. Dagegen verpflichtet beispielsweise Hessen alle Bauvorlageberechtigten, sich im Bereich des Baurechts fortzubilden. Nordrhein-Westfalen ist dank einer starken Lobby der Ingenieur:innen besonders streng. Dort sind nur solche Handwerker:innen und in die Handwerksrolle als gleichgestellt eingetragenen Personen bauvorlageberechtigt, die außerdem in das von der Ingenieurkammer-Bau NRW geführte Verzeichnis eingetragen sind. Damit sollen Pflichten wie das Vorhalten einer Haftpflichtversicherung oder eine vorausgehende Weiterbildung bzw. regelmäßige Fortbildungen überprüft werden. Entsprechende Lehrgänge „Weiterbildung gemäß Regelung zur eingeschränkten Bauvorlageberechtigung für Handwerksmeister HandwerkBau-VO NRW“ können in einschlägigen Weiterbildungsinstutitionen wie dem Bildungszentrum des Baugewerbes e. V. in Krefeld besucht werden.
Im Klartext heißt das, dass eine badische Zimmermeisterin oder ein niedersächsicher Maurermeister zwar in den meisten Bundesländern die kleine Bauvorlageberechtigung besitzt, nicht aber in NRW. Egal, wie viele Bauvorhaben sie bereits eingereicht haben, in NRW müssen sie zunächst eine Weiterbildung besuchen und sich in ein Verzeichnis eintragen. Das mag der Sicherheit aus Sicht von Ingenieur:innen dienen, aber sicherlich nicht der Entbürokratisierung.
