Eine elementierte Wand hängt an einem Kran
Die Lastaufnahmemittel müssen geeignet und richtig montiert sein, damit eine Wand oder anderes Transportgut beim Krantransport nicht abstürzt. (Quelle: Der Zimmermann)

Technik 2024-03-20T06:43:32.086Z Sicher heben

Transport Sicheres Laden, Entladen und Versetzen sind im Holzbau auf der Baustelle wichtig. Ob Holzrahmenbauelemente, Brettsperrholz oder Träger aus Brettschichtholz, die Bauteile verfügen meist über ein großes Gewicht, das Anforderungen an das Lastaufnahmemittel stellt. Damit schwere Unfälle vermieden werden, sind unbedingt die Herstellerangaben und die Schriften der Berufsgenossenschaften zu beachten.

Verschiedene Hersteller haben in den letzten Jahren spezielle Lastaufnahmemittel entwickelt. Gemeinsam ist allen Lastaufnahmemitteln, dass sie im Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG liegen. Das bedeutet, dass sie ohne EG-Konformitätserklärung im Europäischen Wirtschaftsraum nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. Schon bei der Herstellung gelten somit einheitliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen.  

Unabhängig davon, welches Lastaufnahmemittel verwendet wird, müssen die Bedienungsanleitungen der Hersteller, die Unfallverhütungsvorschriften der DGUV und die Regeln und Informationen der Berufsgenossenschaften beachtet werden. Was bei der Auswahl und beim Betrieb von Lastaufnahmemitteln zu berücksichtigen ist, beschreibt insbesondere die im Dezember 2020 erschienene DGUV Regel 109-017 „Betreiben von Lastaufnahmemitteln und Anschlagmitteln im Hebezeugbetrieb“.

Niemals über Menschen

Die Sicherheit hängt von der Wahl des geeigneten Lastaufnahmemittels für die jeweilige Transportaufgabe ab und auch vom Verhalten der Beschäftigten. Bei Versagen eines Anschlagpunkts gibt es keine weitere Sicherungsmöglichkeit, um die Last am Herabfallen zu hindern. Trifft die Last, die mehrere Tonnen wiegen kann, auf einen Menschen, kann das tödlich enden. Deshalb ist eine der wichtigsten Regeln: Anheben und Ablegen von Lasten dürfen niemals über Personen oder in ihrer unmittelbaren Nähe stattfinden!

Anheben und Ablegen von Lasten dürfen niemals über Personen oder in ihrer unmittelbaren Nähe stattfinden!

Der zulässige Anschlagwinkel muss eingehalten werden. Zulässig sind nur Anschlagwinkel < 60° zur Lotrechten bzw. > 30° zur Waagerechten.

In einem Beispiel wird eine Wand, die etwa 1 t wiegt, mit zwei Einweghebebändern angeschlagen. Diese haben in vertikaler Kraftrichtung eine Nenntragfähigkeit von etwa 5 kN.

Die Gewichtskraft der Wand F G wird durch zwei Anschlagmittel geteilt:

F G/2 = 5 kN.

Im Kräftedreieck kann die resultierende Zugkraft F t, A in einem Anschlagmittel berechnet werden:

F t, A = F G/2 : sin 15° = 19,3 kN

→ Das ist fast das Vierfache der zulässigen Tragfähigkeit.

Die länderübergreifende Fachgruppe D-A-CH-S Absturz – Fertigteilbau empfiehlt für den Krantransport von vorgefertigten Holzbauelementen den Einsatz von Lasttraversen. Der Einsatz einer Lasttraverse soll das regelkonforme Anschlagen und Heben der Elemente gewährleisten. Damit werden Schwenken und Pendeln vermieden.

Bei Holzrahmenbauelementen kann es trotz Traverse zum Absturz kommen, wenn Rähm und Stiele nicht zugfest miteinander verbunden sind. Infolge eines Rucks beim Anheben versagen die unzulässigerweise in Faserrichtung angeordneten Schrauben, das Rähm verkantet, die Beplankung bricht und der untere Teil der Wand stürzt ab. Anschlagmittel, deren Befestigung auch in den Stiel eindringt, können das Versagen verhindern. Alternativ sollten Rähm und Stiele zugfest miteinander verbunden sein.

Eine Holzrahmenbauwand hängt an einem Kran Der Winkel der Anschlagseile beträgt weniger als 30°. Mit Piktogrammen wird daruaf hingewiesen, dass das verboten ist und dass das Lastaufnahmemittel reißen kann.
Werden Lasten unter einem Winkel von weniger als 30° zur Waagerechten angeschlagen, steigt die Zugkraft im Anschlagmittel extrem. (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH)
Das Kräftedreieck zeigt, wie Gewichtskraft der Wand, Zugkraft am Kran und Zugkraft in einem Anschlagmittel miteinander verbunden sind.
Kräftedreieck (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH)
Durch mangelhaften Anschluss an die Stiele verkantet das Rähm. Die Beplankung bricht. Die Wand stürzt ab. Nur noch das Rähm hängt am Kran. Um so etwas zu verhindern, können Anschlagmittel verwendet werden, die den Stiel mit einbeziehen (a). Oder Rähm und Stiele sind zugfest verbunden (b, c). (Quelle: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH)

Kraftschlüssig allein reicht nicht unbedingt aus

Beispielsweise haben die Hersteller Sihga und Pitzl Lastaufnahmemittel im Portfolio, die kraftschlüssig arbeiten. Die Lastaufnahmemittel werden in Bohrungen in der Bauteiloberseite eingesetzt und spreizen sich beim Anheben, wodurch sie sich im Holz verkeilen. In einen dazugehörigen Schäkel kann das Hebewerkzeug eingehängt werden. Die BG Bau empfiehlt, kraftschlüssig wirkende Lastaufnahmemittel, die zu Montagearbeiten verwendet werden, zusätzlich zu sichern, beispielsweise durch zusätzliches Umschlingen mit Hebebändern.

Der Sihga Pick eignet sich zum Verheben von Brettsperr-, Brettschicht- und Vollholz. Jeder Befestigungspunkt weist eine Nutzlast von bis zu 1.250 Kilogramm auf. Das System soll ein rein mechanisches Verheben von schweren Holzteilen ermöglichen – egal, ob es stirnseitig, plattenseitig oder querholzseitig eingesetzt wird. Zum Verheben wird nur eine Sacklochbohrung mit 50 Millimetern Durchmesser und 70 Millimetern Tiefe benötigt.

Das Lastaufnahmemittel Pick Max von Sihga lässt eine Nutzlast von 2.400 Kilogramm pro Anschlagspunkt zu. Für die Befestigung ist eine Sacklochbohrung mit einem Durchmesser von 50 mm und einer Tiefe von 140 Millimetern vorzunehmen.

Aussage des Herstellers

Nach Darstellung des Unternehmens Sihga GmbH handele es sich bei dem Lastaufnahmemittel Sihga Pick um eine formschlüssiges Lastaufnahmemittel und nicht um ein kraftschlüssiges. Das Unternehmen hat zwei Prüfinstitute mit Belastungsversuchen betraut. Die Materialprüfanstalt Stuttgart nahm Belastungsversuche an dem Lastaufnahmemittel Pick in Brettsperrholz vor und kam zu dem Ergebnis, dass die Kraftübertragung durch die Spreizwirkung der Klemmbacken in Verbindung mit einem Formschluss zwischen den Berührflächen des Lastaufnahmemittels und dem Holz erfolge. Auch nach dem Prüfbericht der technischen Versuchs- und Forschungsanstalt der Universität Innsbruck würden nach dem Einstecken des Pick bei einer Zugbelastung am Anschlaghaken durch die Klemmbacken Druckkräfte gegen die Mantelfläche der Bohrung wirken. Dann gehe dieser Kontakt durch die Spreizwirkung der Klemmbacken auf Grund der scharfkantigen Oberfläche in einen Formschluss über, welcher sich in Abhängigkeit zur Belastung aufbaue.

Das Unternehmen Pitzl hat die Power Clamp im Programm, die eine Nutzlast von 1.500 kg pro Anschlagpunkt zulässt. Diese Klemme erfordert eine Bohrung mit einem Durchmesser von 40 und einer Tiefe von 93 Millimetern.

Allen drei Lastenaufnahmemitteln ist gemein, dass sie in einem Systemkoffer geliefert werden, der neben den jeweiligen Klemmen einen passenden Bohrer enthält. Dieser soll bei Gebrauch eine exakte Bohrtiefe gewährleisten. Zudem sichert er, dass die Bohrlochachse unter den benötigten 90 Grad zur Oberfläche des Bauteils ausgerichtet ist. Die Mindesthöhe eines Holzbauteils ist ebenso zu beachten wie die Mindestabstände des Bohrlochs. Bei Unterschreiten der Mindestabstände besteht Bruchgefahr. Das Bohrloch und die Klemme müssen sauber und trocken sein, wenn sie eingesetzt wird. Der Schaft muss vollständig in das Bohrloch eingeführt werden und der Basisring die Holzoberfläche berühren.

Mindestens einmal im Jahr muss das Lastaufnahmemittel durch den Hersteller selbst oder durch einen autorisierten Sachkundigen geprüft werden, zum Beispiel mit Ultraschall durch eine unabhängige Prüfanstalt.

Ein Koffer mit zwei Lastaufnahmemittel und einem Bohrer
Für die Bohrung sollte möglichst der systemeigene Bohrer verwendet werden, damit Bohrtiefe, Durchmesser und Achse stimmen. (Quelle: Sihga GmbH)
In einer Brettsperrholzplatte stecken vier Lastaufnahmemittel, die kraftschlüssig arbeiten. Die Platte wird angehoben.
Lastaufnahmemittel, die kraftschlüssig arbeiten, werden in Bohrungen in der Bauteiloberseite eingesetzt und spreizen sich beim Anheben, wodurch sie sich im Holz verkeilen. (Quelle: Pitzl)

Wenn geschraubt wird, dann bitte richtig

Die Transportplatte Raptor von Rotho Blaas wird an das Holz geschraubt. Die maximale Traglast beträgt pro Anschlagpunkt 3.150 kg. Sie eignet sich für Brettsperr- und Brettschichtholz sowie für Holzrahmenbauwände. Laut Herstellerangaben eignet sich die Platte für unterschiedlichste Transportanforderungen. Sie kann sowohl Axial- als auch Querlasten aufnehmen. Länge und Zahl der Schrauben hängen von der Anwendungsart ab.  Die Platte hat sechs Löcher. Es sind drei Montage­möglichkeiten mit systemeigenen Schrauben vorgesehen, deren Länge je nach Belastung und transportiertem Material variiert. Die Einschraubtiefe muss mindestens 0,7-mal die Bauteildicke betragen. Die Mindestbreite eines Balkens beträgt 240 mm, die Mindestdicke der Holzkonstruktion 100 mm. Für Querträger mit geringen Dicken, wie das Rähm einer Holzrahmenbauwand, kann das Einbringen von Verstär­kungselementen sinnvoll sein, um die Mindestdicke zu erreichen.

Bei der Positionierung der Platte auf dem zu transportierenden Holzele­ment sind die Mindestabstände einzuhalten. Zudem ist zu beachten, dass die Festigkeit vom Neigungswinkel des Ankers abhängig ist. Je größer der Winkel, der weniger 60° zur Vertikalen betragen muss, desto geringer ist die Gesamtbelastbarkeit des Systems.

Ein Lastaufnahmemittel ist in einem Brettschichtholzbinder angeschraubt und hängt an einem Kran.
Dieses Lastaufnahmemittel wird festgeschraubt. Die Tragfähigkeit hängt von der Anzahl der Schrauben ab. (Quelle: Rotho Blaas Deutschland GmbH)

Lastverteilung mittels Traverse

Traversen kommen zum Einsatz, wenn Lasten über eine gewisse Breite verteilt aufgehängt und transportiert werden müssen. Sihga bietet eine sogenannte Pocket Traverse an. Der Balken ist 652 Millimeter lang, die Länge der beiden Ein-Strang-Kettengehänge beträgt 1.000 Millimeter. Die spezielle, patentierte Geometrie soll eine gleiche Lastverteilung auf jeden Anschlagpunkt bei Hebewinkeln zwischen 0 und 45 Grad garantieren. Mittels Verkürzungsklauen an den Ketten lässt sich das System laut Herstellerangaben auch bei anspruchsvollen Geometrien korrekt und sicher anwenden. Die Tragfähigkeit einer Traverse beträgt maximal 2.500 Kilogramm. Werden zwei Traversen kombiniert, können so Elemente mit einem Gewicht von bis zu 5.000 Kilogramm gehoben werden. Beim viersträngigen Heben – beispielsweise von Deckenelementen – können alle vier Kettenstränge als gleich tragend zum Einsatz kommen. Die Traverse kann wohl auch mit dem Lastaufnahmemittel Sihga Pick kombiniert werden.

Eine Brettsperrholzwand hängt an zwei miteinander kombinierten Traversen.
Werden zwei Traversen kombiniert, verdoppelt sich nach Herstellerangaben die Tragfähigkeit. (Quelle: Sihga GmbH)

Bei allen vorgestellten Lastaufnahmemitteln ist zwingend die Bedienungsanleitung des Herstellers einzuhalten.

Checkliste zu Lastaufnahmemitteln

Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall hat eine Checkliste für Lastaufnahmemittel erstellt. Diese sollte vor jeder Nutzung durchgegangen werden.

  • Stehen für die jeweiligen Transportvorgänge geeignete Lastaufnahmemittel zur Verfügung? Sind Beschaffungsprozesse eindeutig geregelt, um Improvisationsverhalten zu vermeiden?
  • Werden vor Arbeitsbeginn Sichtkontrollen und Funktionsprüfungen am Lastaufnahmemittel vorgenommen? Was geschieht bei Beanstandungen?
  • Wird darauf geachtet, dass Lasten nicht über Personen hinweg befördert werden? Wie wird das sichergestellt?
  • Ist ein Typenschild vorhanden, u. a. mit CE-Kennzeichnung und Tragfähigkeit?
  • Nehmen ausschließlich dazu befähigte Personen Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten vor? Wie wird die regelmäßige Prüfung der Lastaufnahmemittel sichergestellt?
  • Wissen die Beschäftigten, welche Lastaufnahmemittel für den Transport der jeweiligen Last zur Verfügung stehen?
  • Sind die Beschäftigten in der Handhabung unterwiesen und beauftragt? Kennen alle die speziellen Eigenschaften, z. B. die Abhängigkeit der Haltekraft beim Lasthebemagneten von der Oberfläche des Materials, der Materialstärke und dem Luftspalt?
  • Wird darauf geachtet, dass die vorgesehenen Transportwege frei sind und Personen nicht im Gefahrenbereich stehen?
  • Sind die Kriterien der Ablegereife für die Lastaufnahmemittel den Beschäftigten bekannt, z. B. plastische Verformungen oder Risse?
  • Werden beim Führen der Last/des Lastaufnahmemittels per Hand ausschließlich die vorgesehen Handgriffe verwendet?
  • Wird auf das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung bei der Benutzung von Lastaufnahmemitteln geachtet?
  • Kennen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Beschäftigungsbeschränkungen, z. B. dass Lasthebemagneten Personen mit Herzschrittmacher gefährden können?
  • Wird darauf geachtet, dass Hebeklemmen nur paarweise eingesetzt werden, um ein Pendeln der Last und einseitige schnelle Verschleißerscheinungen der Greifrillen zu vermeiden?
  • Gibt es geeignete Lager- und Transportmöglichkeiten für Lastaufnahmemittel, z. B. Transportgestelle? Sind sie so gelagert, dass sie vor Witterungseinflüssen und aggressiven Medien geschützt sind?

Die Checkliste kann um betriebsbezogene Fragen ergänzt werden. Beachten Sie die Vorgaben der Hersteller und der Berufsgenossenschaften. Als Folge vielfacher Verwendung kann es zu Routinen und Verhaltensweisen kommen, die sehr gefährlich werden können.

zuletzt editiert am 13. Juni 2024