Nachfolge Nach über 40 Jahren intensiver Tätigkeit in Handwerk, Normung und Verbandspolitik zieht sich Walter Bauer, Chef des Familienunternehmens Bauer Holzbau, schrittweise aus dem operativen Geschäft zurück. Im Gespräch mit bmH bauen mit Holz gibt der Zimmermeister und Bauingenieur Einblick in die vorbereitete Nachfolge, seine Sicht auf nachhaltiges Wirtschaften und warum der Holzbau weiterhin sein Herzensthema bleibt.
Walter Bauer ist in der gesamten Branche bekannt. Er ist ein Mann der Praxis und zugleich ein Brückenbauer zur Wissenschaft. In seiner Laufbahn hat er Bauer Holzbau in vierter Generation geleitet und über Jahrzehnte fachliche und politische Debatten im Holzbau mitgeprägt. Heute ist er zwar formell im Ruhestand, faktisch aber präsenter denn je: als Netzwerker, Ideengeber und Begleiter zahlreicher Fachgremien. Mit dem 140-jährigen Jubiläum des Unternehmens im Jahr 2024 begann ein bewusst geplanter Generationenwechsel.

Die Nachfolge im Blick: kein Zufall, sondern Strategie
Seit drei Jahren führt Martin Szymanski als Geschäftsführer gemeinsam mit Iris Kompauer, Bauers Nichte, das operative Geschäft. „Entscheidend ist, dass die Prozesse im Betrieb klar strukturiert und eingespielt sind. Planung, Vertrieb, Fertigung und Montage greifen sauber ineinander – das ist die beste Voraussetzung für eine reibungslose Übergabe“, so Bauer. Zusätzlich sucht das Unternehmen aktuell noch eine technische Führungspersönlichkeit mit Ingenieurs- und Praxisbezug, um das Leitungsteam zu komplettieren. Idealerweise übernimmt diese Person meine Aufgaben und ich könnte noch einiges aus meiner langjährigen Erfahrung weitergeben.

Werte erhalten, Innovation ermöglichen
Wichtig ist Bauer, dass das Unternehmen nicht nur stabil weiterläuft, sondern sich auch fachlich weiterentwickelt. Dabei setzt er auf Projekte mit Forschungscharakter: So engagiert sich Bauer Holzbau in der „Holzbau-Offensive“ des Landes Baden-Württemberg, unter anderem mit dem Projekt „WOOMI“ (Wood Meets Minerals), das neue Anschlusslösungen für Holz-Mineral-Verbindungen untersucht. „Nur wenn Praxis und Wissenschaft eng verzahnt arbeiten, entstehen überzeugende, wirtschaftliche und zugleich ressourcenschonende Lösungen“, betont Bauer. Wichtig findet er auch das Engagement für die Branche bei Normen und war zum Beispiel nicht unbeteiligt daran, dass die Holztafelbauweise für Gebäudeklasse 5 in die Musterholzbau-Richtlinie Einzug gehalten hat. Als Mitglied im Hauptausschuss, im Vorstand des Holzbau Deutschland Instituts und als aktiver Gesprächspartner mit politischen Akteuren hat Bauer immer den Holzbau-Fortschritt im Blick gehabt.
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Erfahrungswissen weitergeben
Loslassen heißt für Bauer nicht, sich komplett zurückzuziehen. „Ich möchte dort Impulse geben, wo es sinnvoll ist. Das Wissen aus Jahrzehnten soll im Betrieb bleiben.“ Wöchentliche Jour-fixe, strategische Gespräche und seine Rolle als Gesellschafter sichern diesen Wissenstransfer. Der Fokus seiner Tätigkeit verschiebt sich dabei: weniger Tagesgeschäft, dafür mehr Mitwirkung in Fachgremien, auf Veranstaltungen und im Normungswesen. Aber auch die kontinuierliche Weitergabe des Wissens aus seiner langjährigen Erfahrung. An der strategischen Unternehmensentwicklung möchte Bauer weiterhin beteiligt sein – sei es bei Entscheidungen über Baulichkeiten des Unternehmens oder bei Investitionen.
Ein Netz aus Vertrauen
Bauer empfiehlt anderen Unternehmern, rechtzeitig an Nachfolge und Struktur zu denken und Mut zu einem überschaubarem Risiko aufzubringen. „Man kann nicht alles allein regeln. Es braucht ein Team, tragfähige Prozesse und ein funktionierendes Netzwerk aus Fachkollegen, auf das man zurückgreifen kann.“ Auch das gehört für ihn zu nachhaltigem Wirtschaften: Ein Kollegennetzwerk aufbauen, mit Geben und Nehmen. Und einem gemeinsamen Interesse, dass der Holzbau insgesamt vorankommt. Mit diesem Netzwerk könne man nicht früh genug beginnen, denn dies gehe mit Vertrauensaufbau einher. Weitere Empfehlung: Sich im Verbandwesen engagieren. Nur so könne man mitgestalten. Und auch immer die Nähe zu den Hochschulen suchen. Nur auf Augenhöhe könne der Holzbau prosperieren. Mit Blick nach vorn für die Zukunft wünscht er sich, dass Bauer Holzbau weiterhin als Innovationstreiber wahrgenommen wird: „Was in 30 Jahren Standard ist, sollte heute schon bei uns entstehen.“ Die geplante Denkfabrik Holzbau soll diesen Anspruch institutionalisieren. Für ihn selbst bedeutet Zukunft: Reisen, Berge, Gespräche und vielleicht noch das ein oder andere Symposium.

„O-Töne“ von Walter Bauer
Im letzten Jahr hat Bauer Holzbau 140 Jahre Bestehen gefeiert. Ist das ein Stichtag auch für Sie persönlich gewesen?
Walter Bauer: Wir hatten in unserer Firmengeschichte noch nie ein Jubiläum gefeiert, daher war unsere Devise: Entweder richtig oder gar nicht. Sie fragen, ob es ein persönlicher Stichtag für mich war? Mit den 75 Arbeitsjahren von Reinhold Würth kann ich noch nicht mithalten, aber es war ein Rückblick von knapp 60 Jahren für mich persönlich. Unter den fast 500 Gästen waren sehr viele jahrzehntelange wie auch aktuelle Geschäftspartner vertreten. Besonders hat mich gefreut, dass viele namhafte Vertreter aus den Hochschulen aber auch aus dem Regelungswesen unserer Einladung gefolgt sind. Wir haben sehr positives Feedback zu unserer Veranstaltung als besonderen Branchentreff bekommen. Sogar drei Monate später beim IHF in Innsbruck wurde ich immer wieder auf unser Fest angesprochen.
Herr Bauer, was bedeutet Ihnen der Rückzug aus dem Tagesgeschäft?
Walter Bauer: Ich möchte einfach dort noch Erfahrungen mitgeben, wo es sinnvoll ist. Es wird teilweise anders gehen, als ich es gemacht hätte. Ob man jetzt links zum Ziel kommt oder rechts zum Ziel, ist letztlich egal. Hauptsache man findet einen Weg. Ans Aufhören denke ich nur peu á peu. Schwerpunktmäßig will ich mich aus dem Tagesgeschäft noch weiter zurückziehen. Dies wird allerdings „erschwert“ durch den Erfolg unseres Produkts tectofix: Wegen der erforderlichen Flexibilität im Objektbau und zugleich Einfachheit von tectofix haben sich in den letzten Jahren auch viele große Holzbauer für unser System entschieden. Grund: Komplexe Elemente lassen sich mit minimaler AV schnell und mit höchster Genauigkeit produzieren. Die Kontakte zu den Kollegen inklusive der Beratung vor Ort und einem guten Austausch zum Wachstumsmarkt Holzbau machen mir Freude und sind für mich eine Bereicherung.

Wie sieht denn Ihr Ruhestand, besser Unruhestand, derzeit aus?
Walter Bauer: Das ist jetzt, kann man wirklich sagen, ein Hobby. Ich will das gar nicht trennen. Für mich ist der Holzbau und meine Beschäftigung damit eine Bereicherung. Und dann: Wenn ich das mit Freizeit gut kombinieren kann, ist es der Weg, den ich für mich jetzt wähle.
Was wünschen Sie sich für Ihr Unternehmen?
Walter Bauer: Unser Slogan ist ja „Bauer Holzbau – heute Zukunft bauen“. Es war schon immer wichtig, dass wir das, was in 30 Jahren Standard ist, heute schon umsetzen. Und da ist es natürlich wichtig, dass Bauer Holzbau bei der Fertigung wie auch beim Wissen die Nase vorn hat.
Engagement für den Holzbau
Walter Bauer hat durch seine vielfältigen Funktionen und sein Engagement maßgeblich zur Weiterentwicklung des Holzbaus in Deutschland beigetragen. Eine Übersicht seiner Funktionen und Verdienste:
Präsident des Holzbau Deutschland Instituts (2008–2024)
Von 2008 bis 2024 war Walter Bauer Präsident des Holzbau Deutschland Instituts (HDI). In dieser Funktion leitete er die strategische Ausrichtung des Instituts, das als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis im Holzbau agiert. Darüber hinaus agierte er viele Jahre in verschiedenen wichtigen Gremien der Branche, so zum Beispiel im Vorstand des HBD, im Präsidium des HDI, ATU, KOA DHV, im Hauptausschuss DIN 4102 T4 Brandschutz, im projektbegleitenden Ausschuss bei TIMpuls, im AK13 EC5 Holztafelbau + Stabilität. Er wurde als Unternehmer im Jahr 2024 beim Internationalen Holzbau Forum in Innsbruck zusammen mit dem emeritierten Ordinarius für Holzbau am KIT Prof. Blass als Wissenschaftler ausgezeichnet.
Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses „Technik und Umwelt“ bei Holzbau Deutschland (seit 2006)
Seit 1983 ist Walter Bauer Mitglied im Ausschuss „Technik und Umwelt“ von Holzbau Deutschland. Im Jahr 2006 übernahm er die Rolle des stellvertretenden Vorsitzenden. In dieser Position ist er mitverantwortlich für die technische Weiterentwicklung des Holzbaus, insbesondere in den Bereichen Brandschutz, Schallschutz und Statik.
Mitglied in technischen Gremien auf Landes- und Bundesebene
Walter Bauer engagiert sich seit vielen Jahren in technischen Gremien sowohl auf Landesebene in Baden-Württemberg als auch beim Deutschen Holzfertigbau-Verband. Sein Fachwissen bringt er zudem in die Normungsarbeit ein, um die Standards im Holzbau weiterzuentwickeln.
Mitglied des Vorstands von Holzbau Deutschland
Walter Bauer ist Mitglied des Vorstands von Holzbau Deutschland. In dieser Rolle vertritt er die fachpolitischen und technischen Interessen des Verbandes in der Öffentlichkeit, der Politik und gegenüber Institutionen des Baugewerbes.
Initiator der „Denkfabrik – Holzbau der Zukunft“
Gemeinsam mit dem Vizepräsidenten des HDI, Karl Hoffmeister, initiierte Walter Bauer die „Denkfabrik – Holzbau der Zukunft“. Diese Initiative zielt darauf ab, zukünftige Herausforderungen und Entwicklungen im Holzbau zu identifizieren und entsprechende Lösungen zu erarbeiten. Ein Ergebnis dieser Arbeit war das 1. Internationale Holzbau-Symposium im März 2025 in Berlin.
Auszeichnungen
Für sein langjähriges Engagement im Holzbau wurde Walter Bauer mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr 2016 erhielt er die Goldene Ehrennadel von Holzbau Deutschland. 2024 wurde er im Rahmen des Internationalen Holzbau-Forums (IHF) in Innsbruck für seine Verdienste geehrt.
