Wie kann BIM Eingang in den Unterricht an beruflichen Schulen finden? Bei dieser Fragestellung setzt das Projekt BIM@school an. Die in Baden-Württemberg entwickelte Fortbildungsreihe möchte BIM an den gewerblich-beruflichen Schulen in die Lehrpläne integrieren. Doch zunächst mussten die Lehrkräfte geschult werden.
Die Zukunft im Bauwesen ist BIM. Darum sollte diese digitale Arbeitsmethode bereits in der beruflichen Bildung vermittelt werden. Doch derzeit spielt BIM, die Kurzform für Building Information Modeling oder übersetzt Bauwerksdatenmodellierung, an gewerblich-beruflichen Schulen noch so gut wie keine Rolle. Das wollten Tobias Rager und Marcel Häusler, Fachberater für Unterrichtsentwicklung vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung, ändern, als ihnen 2022 während einer Sitzung von Fortbilder:innen und Fachberater:innen der Bautechnik aller beruflichen Schulen Baden-Württembergs in Esslingen die erste Idee für ein Projekt kam. Gemeinsam mit Matthias Krieg und Sandra Knesevic, zwei weiteren Fachberater:innen für Unterrichtsentwicklung aus Baden-Württemberg, starteten sie als Steuerungsgruppe im Auftrag des Kultusministeriums Baden-Württemberg das Projekt BIM@school. Das Projekt richtet sich als Fortbildung an Lehrerinnen und Lehrer der Berufsfelder Bautechnik, SHK und Vermessung. Sie sollen in BIM geschult werden, um mit dem neu erworbenen Wissen Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes vorbereiten zu können. Das Ziel von BIM@school ist es, möglichst viele Lehrkräfte aus verschiedenen Schulen in Baden-Württemberg im BIM-Prozess zu schulen. Insgesamt nahmen 30 Lehrkräfte aus 15 Schulen an den monatlich stattfindenden Fortbildungen teil.
Die Fortbildungen im Rahmen von BIM@School sollen den Lehrkräften die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, um BIM in den Unterricht zu integrieren. Sie lernen dabei nicht nur die Grundlagen von BIM kennen, sondern auch, wie sie BIM-basierte Lehrmethoden und Werkzeuge effektiv einsetzen können, um den Lernprozess ihrer Schüler:innen zu unterstützen.
Zum BIM-Projekt in zwölf Stages
Zunächst bereitete die Steuerungsgruppe das Projekt vor. Sie nahm Kontakt auf zum BIM-Cluster Baden-Württemberg, zu dem Stuttgarter Architekturbüro SIIN, einem Büro mit Expertise für das Planen mit BIM, und zu „Mensch und Maschine“, Anbieter von Software zu CAD, CAM und BIM, um sie als Projektpartner aus der Praxis mit ins Boot zu holen. Im März ’23 ging es dann los. 30 Lehrkräfte aus 15 Schulen trafen sich in Esslingen zum Kick-off. Dort erwarteten sie Impulsvorträge der Projektpartner und eine Vorstellung des BIM-Projekts. Der Fortbildungsbedarf wurde ermittelt, und es konstituierten sich verschiedene Projektgruppen. Dem Kick-off-Treffen folgten zwölf sogenannte Stages, Phasen, die zum Teil online und zum Teil in Präsenz stattfanden. In diesen Stages erarbeiteten die Teilnehmenden ein Projekt, mit sie von der Steuerungsgruppe, die als Bauherr auftrat, beauftragt wurden. Ein Einfamilienhaus musste in CAD gezeichnet und bis zur Leistungsphase 5 weiterbearbeitet werden. Ziel war es, dass die Teilnehmenden BIM nicht nur theoretisch kennenlernen, sondern ein reales Bauprojekt bearbeiten und dabei den kompletten BIM-Prozess durchlaufen. Dabei nahmen die jeweiligen Teilnehmenden der Projektgruppen unterschiedliche Rollen ein, etwa Architekt, Tragwerksplanerin, Fachplaner oder BIM-Koordinatorin. Sie erstellten nach und nach Fachmodelle in den jeweiligen CAD-Programmen, untergliedert in die folgenden Arbeitsschritte:
- 3D-Modellierung des Projekthauses
- Fachmodellprüfung
- Koordination der Fachgewerke
- Erstellung Gesamtkoordinationsmodell
- Visualisierung
- Ableitung von Planunterlagen
- Mengen- und Massenermittlung
- Kostenermittlung
- Planungsfortschrittskontrolle
- Qualitätsprüfung „Life cycle assessment“
- As-built-Kontrolle/Pointcloud
Die Fortbildung wurde in jeder Stage durch Fachvorträge aus der Bauwirtschaft mit im BIM-Prozess tätigen Planungsfirmen, dem BIM-Cluster BW, Architekt Sirri Al Jundi vom Architekturbüro SIIN, Patrick Stumpf und Hubert Schreiner von dem Softwareanbieter Mensch und Maschine sowie Vertretern weiterer Softwarehersteller unterstützt.



Sofern Bedarf bestand, konnten sich die Arbeitsgruppen parallel zu dem Prozess weiterbilden, zum Beispiel in:
- BIM-Basiswissen
- CAD
- VR und Rendering
- 3D-Vermessung
- Plug-ins zur Mengen- und Kostenermittlung, AVA
- Schnittstellen zur Produktion (z. B. CNC, Baumaschinensteuerung)
- Aufmaß, Baustellendokumentation
Am Ende standen der BIM-Ablaufplan und die gesamte Planung von der Grundlagenermittlung bis zur Ausführungsplanung, erstellt anhand eines gemeinsamen virtuellen Modells, auf das alle Teilnehmenden während der Projektphase Zugriff hatten.
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Wie geht es nun weiter?
Im April ’24 fand die Abschlussveranstaltung in Esslingen statt, bei der das Ergebnis ausgewertet wurde und erste Überlegungen für die Umsetzung in den Schulen folgten. Denn nun stellt sich die Frage, in welcher Form das Thema BIM in der beruflichen Schulbildung verankert werden soll. Die Fortbildungsreihe BIM@School soll weitergeführt werden, um weitere Lehrkräfte darin zu schulen, wie sie BIM in die Ausbildung integrieren können. Dazu sollen Lehrmaterialien, Übungen und Projekte entwickelt werden, die auf BIM-Technologien basieren. Indem Lehrer:innen BIM in den Unterricht einbeziehen, sollen sie ihren Schüler:innen praktische Erfahrungen mit der Technologie bieten und sie auf die Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes vorbereiten können.
Um praxisorientierte Inhalte und Unterrichtskonzepte zu entwickeln, ist der Austausch mit Architektur- und Ingenieurbüros von großer Bedeutung. Dadurch können im Unterricht die erforderlichen Kompetenzen vermittelt werden. Möglich wäre das durch die Integration von BIM-Software in den Lehrplan, spezielle Kurse oder Workshops zu BIM sowie durch Projekte, die BIM-Anwendungen erfordern. Eine praxisnahe Ausbildung ermöglicht es angehenden Fachkräften, die BIM-Methodik besser zu verstehen und anzuwenden.
Aus diesem Grund hat das Kultusministerium Baden-Württemberg die BIM@school-Steuerungsgruppe beauftragt, im Anschluss an die Fortbildung eine Befragung von Planungsbüros und Baufirmen durchzuführen:
- Welche Anforderungen stellen die jeweiligen Firmen an die Absolventen der beruflichen Schulen zum Thema BIM?
- Welche spezifischen Kompetenzen wünschen sie sich von ihren zukünftigen Fachkräften, und an welcher Stelle im BIM-Prozess sollen sie eingesetzt werden?
Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse sollen in den kommenden Monaten Bildungspläne an beruflichen Schulen angepasst, Angebote für Zusatzqualifikationen entwickelt oder ganz neue Ausrichtungen – wie eine Fachrichtung BIM für Bauzeichner:innen – künftig angeboten werden. Das Thema BIM soll einen festen Platz in der beruflichen Ausbildung in Baden-Württemberg bekommen. Damit soll sichergestellt werden, dass zukünftige Fachkräfte über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen, um den Anforderungen der sich ständig weiterentwickelnden Baubranche gerecht zu werden.
